Das Pentameron
Das »Pentameron« ist eine Märchensammlung, die von Giambattista Basile (* um 1570, † 1632) verfasst und von dessen Schwester nach seinem Tod (1636) unter dem Titel »Das Märchen der Märchen« (neapolitanisch Lo cunto de li cunti) veröffentlicht wurde. Die Bezeichnung Pentameron bedeutet Fünf-Tage-Werk und taucht bereits in der Widmung der Erstausgabe auf. In späteren Ausgaben wurde sie zum Hauptitel. Das Werk ist — wie Boccacios Decamerone — tageweise gegliedert, wobei jeden Tag eine andere Frau zehn Märchen erzählt. Eingeschlossen ist alles in eine Rahmenhandlung, die ebenfalls ein Märchen ist (das Märchen von der melancholischen Prinzessin Zoza, die sich durch nichts zum Lachen bringen lässt). Hieraus erklärt sich der Titel »Das Märchen der Märchen«. Dies ist auch der Titel des auf drei Märchen (Die bezauberte Hirschkuh, Der Floh, Die entdeckte Alte) des Pentamerons basierenden Films (2015) von Matteo Garrone.
Inhalt und Stil
Die Märchenstoffe sind zum Teil der volkstümlichen italienischen Überlieferung entnommen, zum Teil stammen sie auch aus orientalischen Quellen (Tausendundeine Nacht). Der Erzählstil ist barock. Zwar gibt es am Anfang und Ende jeden Tages kurze moralisierende Rahmentexte, doch wird gleichzeitig Wert darauf gelegt, zu unterhalten und die Zuhörer (bzw. Leser) zum Lachen zu bringen (wie in der Rahmenerzählung von der melancholischen Prinzessin). Eine stilistische Besonderheit ist die Verwendung des neapolitanischen Dialekts, wodurch breiter Raum für Sprachkomik eröffnet wurde. Allerdings war der Dialekt ein großes Hindernis bei der Verbreitung des Werkes. Die erste deutsche Geamtübersetzung wurde 1846 von Felix Liebrecht vorgelegt. Clemens Brentano schuf auf der Grundlage des Pentamerons seine Italienischen Märchen, die zehn nach romantischen Vorstellungen bearbeitete Märchen sowie ebenfalls eine Rahmenerzählung enthalten.
Die Märchen
Erster Tag
- Der wilde Mann, auch Das Märchen vom Orco (Lo cunto de l’uerco): ähnlich Tischlein deck dich, Goldesel und Knüppel aus dem Sack
- Der Heidelbeerzweig, auch Die kleine Myrte (La mortella)
- Pervonto, auch Peruonto
- Vardiello: schwankartiges Märchen über einen Taugenichts
- Der Floh (Lo polene)
- Die Aschenkatze (La gatta cenerentola); ähnlich wie Aschenputtel
- Der Kaufmann (Lo mercante)
- Das Ziegengesicht (La facce de crapa); ähnlich wie Marienkind
- Die bezauberte Hirschkuh, auch Die hinterlistige Hirschkuh (La cerva fatata)
- Die entdeckte Alte, auch Die geschundene Alte (La vecchia scorticata)
Zweiter Tag
- Petrosinella (ähnlich dem Grimm’schen Märchen Rapunzel)
- Verdeprato
- Viola
- Gagliuso
- Die Schlange (Lo serpe)
- Die Bärin (L’orza); ähnlich wie Allerleirauh
- Die Taube (La palomma)
- Die Küchenmagd, auch die kleine Sklavin (La schiavottella)
- Das Hängeschloß, auch Der Riegel (Lo catenaccio)
- Der Gevatter (Lo compare)
Dritter Tag
- Cannetella (das Hauptmotiv – Königstochter will nicht heiraten – findet sich in abgewandelter Form wieder in König Drosselbart)
- Das Mädchen ohne Hände (La Penta mano-mozza)
- Renza, auch Viso
- Sapia Liccarda, auch Die weise Liccarda (Sapia Leccarda)
- Der Mistkäfer, die Maus und das Heimchen (Lo scarafone, lo sorece e lo grillo)
- Der Knoblauchgarten, auch Der Knoblauchwald (La serva d’aglie)
- Corvetto
- Der Dummling (Lo ’ngnorante, ähnlich dem Grimm’schen Märchen Sechse kommen durch die ganze Welt)
- Rosella
- Die drei Feen (Le tre fate)
Vierter Tag
- Der Hahnenstein, auch Der Stein des Gockels (La preta de lo gallo)
- Die beiden Brüder (Li dui fratielle)
- Die drei Tierbrüder, auch Die drei Tierkönige (Li tre ri animale)
- Die sieben Schwarten (Le sette catenelle)
- Der Drache (Lo dragone)
- Die drei Kronen (Le tre corone)
- Die beiden Kuchen (Le doie pizzelle, Motivverwandtschaft mit Frau Holle und Die Gänsemagd)
- Die sieben Tauben (Li sette palommielle, ähnlich Die sieben Raben)
- Der Rabe (Lo cuorvo)
- Bestrafter Hochmut (La soperbia casticata)
Fünfter Tag
- Die Gans (La papara)
- Die Monate (Li mise)
- Pintosmalto
- Die goldene Wurzel (Lo turzo d’oro, ähnlich Das singenden springende Löweneckerchen)
- Sonne, Mond und Thalia (Sole, Luna e Talia, ähnlich Dornröschen)
- Sapia
- Die fünf Söhne (Li cinco figlie)
- Nennillo und Nennella
- Die drei Zitronen (Le tre cetra)
- Zehnte Geschichte: Ende der Rahmenerzählung