Gagliuso
Gagliuso ist ein Märchen aus Giambattista Basiles Märchenzyklus Pentameron (vierte Erzählung des zweiten Tages). Es gehört zum gleichen Märchentyp wie das bekannte Märchen Der gestiefelte Kater, von dem es neben der Grimm’schen Fassung auch eine sehr ähnliche von Perrault gibt (Le maître chat ou le chat botté). Allerdings fehlt bei Basile der dramatisch ausgeschmückte Kampf des Katers gegen den Zauberer, der den sozialen Aufstieg seines aus ärmsten Verhältnissen stammenden Besitzers begründet. Auch bei Basile kümmert sich eine Katze (allerdings eine weibliche) um das Fortkommen ihres Besitzers. Doch geht es in diesem Märchen letzten Endes um die hässliche menschliche Eigenschaft der Undankbarkeit. Dies ist eine Anknüpfung an das Märchen Viola, das im Erzählzyklus dem Märchen Gagliuso unmittelbar vorangeht. Dort gibt die Erzählerin ein Beispiel für eine weit verbreitete, schlechte Eigenschaft – den Neid. Die Erzählerin von Gagliuso fährt daraufhin mit der Undankbarkeit fort.
Inhalt
Ein sehr armer Mann spürt sein Ende kommen und ruft deshalb beiden Söhne zu sich. Er bedauert, dass er nichts zu vererben hat – außer einem Sieb und einer Katze. Der Ältere bekommt das Sieb. Der Jüngere, Gagliuso, meint, er hätte lieber gar nichts geerbt als die nutzlose Katze. Die müsse er jetzt zu allem Überfluss auch noch durchfüttern. Doch die Katze unterbricht sein Gejammer: er wäre ein Glückspilz, denn sie könne ihn reich machen, wenn sie denn wolle. Dagegen hat Gagliuso nichts einzuwenden, und er verhält sich von nun an äußerst liebenswürdig zu der Katze.
Die beginnt ihren Plan in die Tat umzusetzen, indem sie jeden Morgen hübsche Fische fängt. Diese macht sie im Namen von Gagliuso dem König zum Geschenk. Der König fühlt sich Gagliuso zunehmend verpflichtet, sodass er ihn schließlich zu sich einlädt. Am Morgen des Tages, an dem das Treffen stattfinden soll, kommt die Katze zum König gelaufen, um ihm zu sagen, dass Herr Gagliuso leider nicht kommen könne. Denn einige seiner Kammerdiener hätten sich aus dem Staub gemacht und dabei alle dem hohen Anlass gemäßen Kleider mitgenommen. Der König, der Gagluiso unbedingt kennenlernen möchte, lässt ihm von seinem Garderobenmeister Kleider von feinster Qualität bringen. Nun ist Gagliuso zumindest dem äußeren Schein nach ein vornehmer Herr.
Beim Essen muss die Katze ein paar mal einschreiten, damit Gagluiso nicht durch sein dummes Gerede alles auffliegen lässt. Jedenfalls gewinnt der König von Gagliuso den allerbesten Eindruck. Sein Interesse steigert sich noch, nachdem Gagliuso abgereist ist. Denn die am Hof verbliebene Katze gibt geschickt zu verstehen, dass Gagliuso ein Herr von immensem Reichtum ist. Immerhin ist der König vorsichtig genug, seine Kundschafter auszuschicken. Die sollen herausfinden, wie es um den Reichtum des Herrn Gagliuso tatsächlich bestellt ist. Dass er dies tun würde, hat wiederum die Katze vorhergesehen und deshalb überall herumerzählt, es wären Räuber im Anmarsch. Aber sie bräuchten nur sagen, dass alles Herrn Gagliuso gehört, dann würde ihnen kein Haar gekrümmt.
Durch diesen Schachzug kommen die Kundschafter zu dem Schluss, dass Gagluiso tatsächlich unermesslich reich sein muss. Daraufhin bittet der König die Katze, ihm dabei behilflich zu sein, seine Tochter mit dem feinen Herrn zu verheiraten. Damit ist der Plan der Katze aufgegangen. Gagliuso bekommt die Königstochter und diese eine so reiche Mitgift, dass Gagliuso tatsächlich bald Besitzer unzähliger Güter und Ländereien ist. Als er mit seiner jungen Frau in sein eigenes Schloss reist, jubeln ihm überall Leute am Wegesrand zu. Gerührt verspricht er der Katze, er wolle sie ihr Leben lang ehren und nach ihrem Tod einbalsamieren lassen.
Die Katze traut diesen überschwänglichen Worten nicht. Sie lässt etwas Zeit verstreichen, um ihrerseits kein Misstrauen zu erwecken. Dann legt sie sich im Garten auf den Boden und streckt alle Viere von sich. Gagliusos Frau ist bekümmert (… die arme Katze!). Doch Gagliuso sagt nur, sie solle den Kadaver an einer Pfote packen und wegwerfen. Die Katze springt auf und hält ihm eine Standpauke. Was sie nicht alles für ihn getan habe, und dies sei sein Dank! Dann verschwindet sie auf Nimmerwiedersehen.