Pintosmalto

Pintosmalto (auch Pintosmauto) ist ein Märchen aus dem Pentamerone von Giambattista Basile (dritte Geschichte des fünften Tages). Wie in Basiles Cannetella geht es um eine heiratsfähige, aber heiratsunwillige Tochter, die jedoch hier nicht durch einen Unhold als Ehemann gestraft wird. Vielmehr beginnt das Märchen mit dem Pygmalion-Motiv (Statue, die lebendig wird): das eigensinnige junge Mädchen formt sich aus Backzutaten und edelsten Verzierungen einen Jüngling ganz nach ihrem Geschmack. Das Schlussmotiv (dreimaliges Schlafen in der Kammer des verlorenen Bräutigams) ist aus vielen Märchen, auch der Brüder Grimm, bekannt (Das singende, springende Löweneckerchen, Der Eisenofen, Die beiden Königskinder)

Illustration von Warwick Goble zum Märchen Pintosmalto aus dem Pentamerone von Giambattista Basile
Pinosmalto. Illustration Warwick Goble (Stories from the Pentamerone, Macmillan, 1911)

Inhalt

Ein Kaufmann hat eine einzige Tochter, Betta, die er gern verheiratet sehen würde, doch die will davon nichts hören. Als er einmal zu einer Messe reisen muss, fragt er sie vorher, was er ihr mitbringen soll. Sie wünscht sich einen Backtrog, süße Mandeln, Zuckerzeug, Rosenwasser sowie Edelsteine und Goldfäden, die sie zum Verzieren ihres Backwerks verwenden will. Der Vater wundert sich, tut ihr aber den Gefallen. Mit den Mitbringseln schließt sich Betta in ihrem Zimmer ein, rührt ein Teig an und formt daraus einen wunderschönen Jüngling. Aus den Goldfäden macht sie ihm Haare, aus Saphiren Augen, aus Rubinen Lippen und aus Perlen Zähne.

Als sie fertig und mit ihrem Werk zufrieden ist, wendet sie sich inbrünstig an die Liebesgöttin – eingedenk der Tatsache, dass auf Bitten eines Königs von Zypern schon einmal eine Statue lebendig geworden ist. (Hier nimmt Basile direkten Bezug auf die griechische Mythologie.) Tatsächlich haucht sie dem süßen Jüngling Leben ein und führt ihn vor ihren Vater: diesen hier wolle sie heiraten. Der Vater wundert sich zwar, wie aus dem Zimmer seiner Tochter ein junger Mann kommen kann, obwohl doch, soweit er sehen konnte, keiner hineingegangen ist. Doch nur zu gern richtet er für Betta eine prachtvolle Hochzeit mit dem schönen Fremden aus.

Auf der Hochzeitsfeier ist auch eine unbekannte Königin zu Gast, die den unerfahrenen Bräutigam entführt. Betta ist untröstlich; zu dem Verlust kommt hinzu, dass sie bereits schwanger ist. In ihrem Zustand macht sie sich, als Bettlerin verkleidet, auf die Suche nach ihrem Angetrauten. Bald kommt sie zum Haus einer alten Frau, der ihre Not nicht verborgen bleibt. Die Alte ist eine Zauberin und verrät Betta drei Zaubersprüche, die ihr zu gegebener Zeit sehr nützlich sein können. Betta zieht weiter und erreicht eine schöne Stadt, wo sie, der Entbindung nahe, im Königspalast um Obdach bittet. Ihr wird ein Zimmer nahe der Treppe angewiesen, von wo aus sie eines Tages Pintosmalto vorübergehen sieht. Sie fasst den Entschluss, von einem der Zaubersprüche Gebrauch zu machen. Nachdem sie diesen ausgesprochen hat, erscheint ein kleines, mit Gold und Edelsteinen verziertes Wägelchen, das ganz von allein im Zimmer herumfährt.

Schnell spricht sich herum, was für ein entzückendes kleines Ding die hochschwangere Bettlerin besitzt. Und so dauert es nicht lang, dass die Königin bei Betta auftaucht, um ihr das Wägelchen abzukaufen. Diese möchte zum Erstaunen der Königin für das Spielzeug kein Geld, sondern eine Nacht im Schlafgemach des Gemahls der Königin verbringen. Die Königin zuckt mit den Schultern, gewährt der Bettlerin den seltsamen Wunsch. Sicherheitshalber gibt sie ihrem Gemahl vor der fraglichen Nacht einen Schlaftrunk. Und so hört er nicht, wie Betta die ganze Nacht lang neben seinem Ohr davon erzählt, wie sie ihn einst erschaffen hat und was sie in den letzten Monaten seinetwegen erdulden musste. Nach dieser Nacht fühlt sich Betta noch elender als zuvor, doch ihre Sehnsucht nach Pintosmalto ist umso größer.

Sie versucht ihr Glück mit dem zweiten Zauberspruch. Es erscheint ein mechanischer Vogel, mit Gold und Edelsteinen verziert, in einem goldenen Käfig, der singt wie eine Nachtigall. Für dieses Spielzeug erkauft sie sich eine zweite Nacht im Schlafgemach von Pintosmalto. Doch wieder dringt sie nicht zu ihm durch, weil ihm die Königin einen Schlaftrunk gegeben hat. Am nächsten Tag jedoch spricht ihn ein Schuhflicker an, der in der Kammer neben Bettas lebt. Er erzählt ihm von den Klagen, die er durch die Wand hören konnte. Langsam geht Pintosmalto ein Licht auf.

Als die Bettlerin eine dritte Nacht in seinem Schlafgemach verbringt (als Gegenleistung für goldbestickte Stoffe und Borten, die Betta mit dem dritten Zauberspruch herbei zaubert), schluckt er den Schlaftrunk nicht hinunter, sondern spuckt ihn bei passender Gelegenheit aus. So hört er alles, was die Bettlerin zu erzählen hat – seine eigene Geschichte, wie sie ihn aus Mandeln, Rosenwasser, Gold und Edelsteinen hergestellt hat, bis zu ihrer Hochzeit. Endlich steht ihm die Erinnerung klar vor Augen. In der gleichen Nacht verlässt er das Schloss mit seiner rechtmäßigen Frau, Betta, nicht ohne zuvor die Pretiosen (Wagen, Vogel, Stoffe) sowie einige Edelsteine und Goldstücke aus dem Besitz der Königin als Entschädigung an sich gebracht zu haben. Auf der Flucht bringt Betta einen Jungen zur Welt, bevor die kleine Familie zu Bettas Vater zurückkehrt. Vor lauter Freude findet der die Kraft seiner Jugendjahre wieder.

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