Der gute Handel

Der gute Handel ist ein Schwank aus den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm (ab 2. Auflage, KHM 7). Zugleich ist es ein Beispiel für latenten Antisemitismus (auch im 18. und 19. Jhd.), geht doch der derbe Scherz ganz selbstverständlich auf Kosten eines Juden, wobei auf ein weitverbreitetes Muster zurückgegriffen wird: auf der einen Seite der (Anti-)Held, ein Bauer, der als treudoof und gutmütig beschrieben wird, auf der anderen Seite der Jude, der seinen Vorteil durch Geldwechseln sucht, stattdessen aber die dem braven Bauern zugedachte Strafe kassiert – was, so der Tenor der Erzählung, als durchaus gerecht anzusehen ist.

Nebenbei wird in dem Schwank klar, wo das Verb »mauscheln« herkommt: der Bauer nennt den Juden »Mauschel«, was von Moshe (Moyshe, Moses) kommt und als pauschal für Juden im allgemeinen verwendeter »Name« abwertend zu verstehen ist. Zum Antisemitismus im Märchen siehe auch Der Jude im Dorn.

Illustration von Otto Ubbelohde zu dem Märchen Der gute Handel von den Brüdern Grimm
Der gute Handel. Illustration Otto Ubbelohde (Kinder- und Hausmärchen, Turm-Verlag Leipzig, 1907-09)

Gewisse Ähnlichkeit hat der Schwank mit dem Märchen Hans im Glück, dessen Held ebenfalls als Schwachkopf erscheinen mag, mit sich selbst aber im Reinen und aller Widrigkeiten zum Trotz am Ende glücklich ist.

Inhalt

Ein Bauer hat auf dem Markt seine Kuh verkauft und dafür sieben Taler bekommen. Auf dem Heimweg kommt er an einem Froschteich vorbei. Die Frösche quaken »agh, agh, …«, was er, an seine sieben Taler denkend, als »acht, acht…« interpretiert. Er versucht, den Fröschen klar zu machen, dass er sieben und nicht acht Taler bekommen hat. Aber die beharren auf ihrem agh, agh. Der Bauer gibt auf und lässt die Frösche selber nachzählen – d.h., er wirft die Taler in den Teich. Natürlich ändern die Frösche weder ihre Meinung, noch werfen sie ihm die Taler zurück. Damit hatte er allerdings, an den Anstand der Welt glaubend, fest gerechnet.

Der Bauer übersteht den Schaden, kauft eine neue Kuh und denkt sich, den Verlust könne er leicht wieder gutmachen. Dazu schlachtet er die zweite Kuh, um ihr Fleisch auf dem Markt zu verkaufen. Auf dem Weg zum Markt wird er von einem Rudel Hunde bedrängt, die immerzu »was, was…« kläffen. Der Bauer meint, die Hunde wollten von dem Fleisch (et)was haben. Da er den Anführer des Rudels als den Hund des Fleischers erkennt, mit dem er gut bekannt ist, wirft er ihm das Fleisch zu. Er glaubt, der Hund würde es seinem Herrn bringen, der seinerseits den Hund mit einem angemessenen Geldbetrag zu ihm zurückschickt. Natürlich wartet er vergebens, dass der Hund mit irgendwelchem Geld zurückkommt. Schließlich wird er persönlich beim Fleischer vorstellig. Der verpasst ihm eine Tracht Prügel mit dem Besenstiel. Das hält der Bauer für so ungerecht, dass er deswegen beim König vorspricht.

Der gute Handel. Illustration Otto Ubbelohde (Kinder- und Hausmärchen, Turm-Verlag Leipzig, 1907-09)

Der hört sich die Klage des Bauern im Beisein seiner Tochter an, die lauthals loslacht. Das wiederum entzückt den König über alle Maßen, denn es ist überhaupt das erste Mal in ihrem Leben, dass die Königstochter lacht. Der König hat seine Tochter demjenigen zur Frau versprochen, der sie zum Lachen bringt (vgl. Die goldene Gans), und er ist gewillt, sein Versprechen zu halten. Doch der Bauer ist davon nicht begeistert. Er hat bereits eine Frau, und schon bei dieser einen hat er ständig das Gefühl, dass sie ständig hinter ihm steht. Dass der dumme Bauer seine Tochter verschmäht, macht den König wütend; grimmig fordert er den Bauern auf, in drei Tagen wiederzukommen, dann würden ihm 500 vollgezählt werden.

Der Bauer verlässt fröhlich das Schloss, erzählt freimütig dem Wachposten von dem ihm versprochenen Lohn und schenkt ihm gar 200 von den 500. Ein Jude hat das Gespräch mit angehört, folgt ihm und spricht ihn schließlich an. Warum drei Tage auf die Talerchen warten? Er würde ihm jetzt gleich Scheidemünzen1 für die ausstehenden Taler geben und dann selbst die Taler abholen. Dem Bauer ist’s recht (nur Bares ist Wahres), und der Jude freut sich auf den Profit.

Doch als Bauer, Wachmann und Jude drei Tage später vor den König treten, müssen sie feststellen, dass der gute Handel nicht wirklich ein guter war. Denn bei den versprochenen 500 handelt es sich nicht um Taler, sondern um Stockhiebe. Der Wachmann kennt das schon und erträgt seine 200 mit Fassung, während der Jude bei seinen 300 ein großes Geschrei macht. Der König findet die Sache lustig und meint, der Bauer sei ein pfiffiges Kerlchen, der das Ganze absichtlich so eingefädelt hat. Deshalb darf sich der Bauer aus der Schatzkammer so viel nehmen, wie er für angemessen hält. Der Bauer stopft sich die Taschen voll und macht sich auf den Heimweg.

Unterwegs kehrt er im Wirtshaus ein, zählt sein Geld und meint dann, was der König doch für ein Spitzbube sei. Auf seine (des Bauern) Bescheidenheit spekulierend habe er ihn selbst entscheiden lassen, anstatt ihm den rechten, d.h. bestimmt viel höheren Lohn zu geben. Der Jude, der ihn wieder verfolgt hat, erlauscht diese unerhörten Überlegungen und schwärzt den Bauern (in Erwartung einer Belohnung) beim König an. Der König schickt den Juden zurück, um den Bauern zu holen. Der ist jedoch der festen Überzeugung, nun, da er ein reicher Mann ist, nur in einem ordentlichen Rock vor den König treten zu können, den er sich erst schneidern lassen muss.

Der Jude hat es eilig, fürchtet er doch um seine Belohnung, wenn der Zorn des Königs erst verraucht ist. Deshalb leiht er ihm seinen eigenen Rock, und die beiden gehen zum Schloss. Vom König zur Rede gestellt, streitet der Bauer den Vorwurf rundweg ab. Der Jude würde lügen wie gedruckt und am Ende sogar behaupten, er, der Bauer, würde den Rock des Juden tragen. Empört ruft der Jude: freilich sei das sein Rock, er habe ihn dem Bauern aus purer Freundschaft geliehen. Der König überdenkt die Sache und kommt zu dem Schluss, dass der Jude entweder den Bauern gelinkt hat oder aber versucht, ihn zu linken. In jedem Fall erscheint ihm eine zweite Tracht Prügel für den Juden als angemessen. Der Bauer bekommt noch ein paar Taler extra und ist zufrieden.

  1. Eine Art Kreditgeld; im Gegensatz zu den Kurantmünzen, deren Nominalwert durch den Wert des enthaltenen Metalls gedeckt waren, hatten Scheidemünzen einen geringeren Metallwert.

Das könnte dich auch interessieren …