Prinzessin Rosette

Prinzessin Rosette, auch Prinzessin Röschen, ist ein Feenmärchen von Marie-Catherine d’Aulnoy (Originaltitel La Princesse Rosette). Eingeleitet wird das Märchen mit einem Motiv, das aus Dornröschen bekannt ist: eine Königin bringt eine Tochter zur Welt und lädt aus diesem Anlass die Feen ein. Die Weissagungen der Feen sind beunruhigend, weshalb das Königspaar Vorkehrungen trifft, die aber am Ende nichts nützen. Während Dornröschen jedoch eine passive Heldin ist, erzählt d’Aulnoys Märchen von einer eigenwilligen, selbstbewussten jungen Frau, die sich in den Kopf gesetzt hat, keinen anderen zu heiraten als den König der Pfauen. Ihre beiden älteren Brüder sind Nebenfiguren, die keine eigenen Ziele verfolgen, sondern nur danach streben, den Wunsch ihrer Schwester zu erfüllen. Blass und ziemlich hölzern bleibt auch der Pfauenkönig, ganz anders als der ebenfalls in Vogelgestalt auftretende romantische Liebhaber in d’Aulnoys Märchen Der blaue Vogel, das zu ihren bekanntesten zählt.

Inhalt

Ein Königspaar hat bereits zwei Söhne, als noch ein kleines Mädchen dazu kommt. Die Königin lädt, wie es Brauch ist, die Feen ein. Natürlich möchte sie von den Feen gern wissen, was die Zukunft für die kleine Prinzessin Rosette bereithält. Doch die Feen geben sich zugeknöpft. Sie hätten ihr Zauberbuch vergessen und würden ein andermal vorbeikommen. Die Königin ahnt, dass die Feen ihr die Wahrheit verschweigen wollen, weil sie zu unerfreulich ist. Schließlich rückt eine der Feen mit der Sprache heraus: Es ist zu befürchten, dass die Rosette ihren Brüdern großes Unheil, vielleicht sogar den Tod bringen wird. Als auch der König von dieser Weissagung erfährt, will er das Mädchen zuerst töten lassen; dann aber begnügt er sich damit, sie in einem abseits gelegenen Turm einzusperren.

Einsam wächst Prinzessin Rosette in ihrem Turm zu einer Schönheit heran, nur ihr kleines grünes Hündchen leistet ihr Gesellschaft. Als sie etwa fünfzehn Jahre alt ist, sterben die Eltern und der ältere Bruder wird König. Die Brüder wollen es nicht länger hinnehmen, dass ihre Schwester eingesperrt ist. Sie befreien sie aus dem Turm und zeigen ihr den Schlossgarten. Alles ist neu für Rosette, aber nichts ist so schön wie der Pfau, der vor ihr sein Rad schlägt. Sie kann es kaum fassen, als die Brüder ihr erzählen, dass die Zungen dieser Vögel die allergrößten Delikatessen sind. Wie kann man solch schöne Vögel nur essen, denkt sie, und verkündet deshalb, dass sie keinen anderen heiraten werde, als den König der Pfauen – denn dann wäre sie in der Position, die edlen Tiere schützen zu können.

Die Brüder sind sich einig, dass sie ihrer Schwester, die so lange leiden musste, diesen Wunsch erfüllen wollen. Das erweist sich als nicht ganz einfach, da sie zuerst einmal herausfinden müssen, wo das Reich der Pfauen überhaupt liegt. Sie lassen von Rosette ein Bildnis anfertigen, um gegebenenfalls den Pfauenkönig von ihrer Schönheit überzeugen zu können. Nach langer Reise finden sie den Gesuchten, und tatsächlich ist er von der Schönheit Rosettes absolut hingerissen. Allerdings fällt es ihm schwer zu glauben, dass ein menschliches Wesen tatsächlich so schön sein kann wie die Abgebildete. Per Brief wird Rosette gebeten, an den Hof des Pfauenkönigs zu kommen. Sollte ihr Aussehen nicht den Verheißungen des Bildes entsprechen, will der Pfauenkönig die Brüder zur Strafe hinrichten lassen.

Rosette macht sich in Begleitung ihrer Amme und deren Tochter auf den Weg. Auf der Überfahrt mit dem Schiff besticht die Amme den Kapitän, Rosette, während diese schläft, über Bord zu werfen. Die Prinzessin hat Glück im Unglück, weil ihr Daunenbett mit den Federn des Vogels Phönix gefüllt ist – statt unterzugehen schwimmt sie mitsamt ihrem Hündchen darauf wie auf einem kleinen Kahn und kann sich ans Ufer retten. Sie findet Unterschlupf bei einem armen alten Mann, der das Wenige, was er besitzt, mit ihr teilt.

Unterdessen ist die Amme mit ihrer Tochter und dem verräterischen Kapitän am Hof des Pfauenkönigs angekommen. Als der die ihm versprochene Schönheit in Augenschein nehmen will, bekommt er einen Wutanfall. Denn die Tochter der Amme, die angeblich Rosette sein soll, ist hässlich wie die Nacht. Er lässt alle in den Kerker werfen – die Amme, ihre Tochter, den Kapitän und vor allem Rosettes Brüder. Den beiden Letzteren kündigt er an, dass er sie hinrichten lassen wird.

Während die Brüder ihm Kerker schmoren, müssen Rosette und der alte Mann Hunger leiden. Der Alte fürchtet schon, dass sie sterben müssen, doch Rosette hat eine Idee. Sie bindet ihrem Hündchen einen Korb um den Hals und lässt ihn zum Schloss des Pfauenkönigs laufen. Der ist äußerst geschickt darin, die leckersten Sachen aus der Küche zu stellen, doch bleibt das natürlich nicht unbemerkt.

Nachdem das Hündchen drei Tage hintereinander erschienen ist, lässt der König das Tier verfolgen, um zu sehen, wer ihm sein Essen streitig macht. So landen schließlich auch Rosette und der Alte im Kerker. Doch als der Pfauenkönig das Mädchen vor sich sieht, ist ihm trotz ihres verweinten Gesichts klar, wen er vor sich hat. Die Freude ist so groß, dass die Amme und ihre Komplizen begnadigt werden. Es gibt ein großes Hochzeitsfest, und nach der Hochzeit darf auch der Alte, der Rosette in seiner Hütte aufgenommen hatte, am Hof des Pfauenkönigs leben.

Motive, ähnliche Märchen

Neben dem oben bereits erwähnten Dornröschen-Motiv greift das Märchen mehrere bekannte Märchenmotive auf. Das für den Handlungsverlauf ausschlaggebende Motiv ist das der untergeschobenen Braut (siehe zum Beispiel Die weiße und die schwarze Braut, Die beiden Kuchen), das hier jedoch ohne größere Dramatisierung auskommt – der Pfauenkönig lässt sich keine Sekunde lang täuschen, als ihm das hässliche Mädchen untergeschoben werden soll, und Rosette muss auch keine Anstrengungen unternehmen, damit er sie als die Richtige erkennt. Das Einsperren im Turm finden wir bei den Brüdern Grimm am ähnlichsten in Jungfrau Maleen, in etwas anderer Form natürlich auch in Rapunzel.

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