Die Nelke

Die Nelke ist ein Märchen der Brüder Grimm (Kinder- und Hausmärchen, ab 2. Auflage, KHM 76). Es handelt von einem Königssohn, der die besondere Gabe hat, dass all seine Wünsche in Erfüllung gehen. Der Titel des Märchens bezieht sich auf ein erst im späteren Verlauf des Märchens auftretendes Motiv, das u.a. aus Clemens Brentanos Kunstmärchen Das Märchen von dem Myrtenfräulein (vgl. auch Basile, Der Heidelbeerzweig) bekannt ist: Ein junges Mädchen wird in eine Blume bzw. eine blütenreiche Pflanze verwandelt und kann zunächst nur in dieser Gestalt in der Nähe ihres Liebsten sein.

Am Anfang des Märchens steht ein Motiv, das u.a. auch in dem Grimm’schen Märchen De drei Vügelkens vorkommt: Eine junge Mutter wird durch Intrigen in Verdacht gebracht, ihr kleines Kind ermordet zu haben, und daraufhin von ihrem Ehemann lebendig eingemauert (vgl. Der Drache, Jungfrau Maleen). Das Ende des Märchens ist stark geprägt von christlichen Vorstellungen von Tod und Erlösung. Auch die Personifizierung von Gut (Gott, seine Engel in Gestalt von Tauben) und Böse (schwarzer Pudel als Verkörperung des Teufels) zeigt eine starke christliche Überformung des älteren Märchenstoffs.

Illustration von Philip Grot-Johann uz dem Märchen Die Nelke von den Brüdern Grimm
Die Nelke. Illustration Philip Grot-Johann (Kinder- und Hausmärchen, Deutsche Verlags-Anstalt, 1893)

Inhalt

Eine Königin wünscht sich seit langem ein Kind. Als sie eines Tages im Garten den lieben Gott anfleht, kommt ein Engel zu ihr, um ihr zu sagen, dass ihr Wunsch in Erfüllung gehen würde. Und der Sohn, den sie bekommen wird, würde besonders gesegnet sein, da alles, was er sich je wünscht, in Erfüllung gehen wird.

Tatsächlich bekommt die Königin Monate später einen Sohn. Als der Junge etwas größer ist, geht sie jeden Morgen mit ihm in den Tiergarten, der zum Schloss gehört. Eines Tages machen Mutter und Kind in diesem Garten ein kurzes Nickerchen, was der Koch, der von der besonderen Gabe des Jungen weiß, zu einer frevelhaften Tat ausnutzt. Er nimmt der Mutter den in ihrem Schoß ruhenden Knaben weg, schlachtet einen Hahn und bespritzt die Kleider Mutter mit dessen Blut. Nachdem er das Kind bei einer Amme versteckt hat, läuft er zum König und behauptet, die Königin habe ihr Kind getötet. Als der König das blutbefleckte Kleid seiner Frau sieht, glaubt er dem bösen Koch. In seinem Zorn lässt er die Frau in einem hohen Turm einmauern, ohne Wasser und Nahrung. Doch mit Gottes Hilfe überlebt sie, denn zwei Engel in Gestalt von Tauben bringen ihr täglich zu Essen und zu Trinken.

Der Koch ist indessen mit dem Königssohn weit weggezogen und benutzt ihn, um sich seine eigenen Wünsche zu erfüllen. Ein prächtiges Schloss mit Garten, wie das, in dem er früher als Koch gedient hat. Auf Anraten des Kochs wünscht sich der Königssohn außerdem eine schöne Jungfrau als Gefährtin. Die beiden haben sich von Herzen gern, doch der Koch hat schon wieder einen bösen Plan ausgeheckt. Er befürchtet, wenn der junge Königssohn älter und verständiger wird, würde er früher oder später auf den Gedanken kommen, sich zurück zu seinem Vater zu wünschen. Also beschließt er, ihn aus dem Weg zu räumen. Er fordert von der Jungfrau, ihren Gefährten zu erdolchen; andernfalls würde sie ihr Leben verlieren. Sie hat große Angst vor dem Koch, würde aber niemals ihrem lieben Freund etwas zu Leide tun. Deshalb tötet sie eine junge Hirschkuh und legt dem Bösewicht deren Herz und Zunge als Beweis vor.

Der Königssohn, der sich währenddessen unter einer Decke versteckt hatte, kommt hervor und verwünscht den Koch in einen schwarzen Pudel. Dann verkündet er, dass er zu seinem Vater zurückkehren möchte, und bittet die Jungfrau, ihn zu begleiten. Die kann sich nicht dazu durchringen, in ein fremdes Land zu gehen, aber von ihrem Liebsten lassen kann sie auch nicht. Also verwandelt der Königssohn das Mädchen durch die Kraft seiner Wünsche in eine wunderschöne Nelke und nimmt sie mit sich. Auch der Pudel muss mitkommen, ob er will oder nicht.

Am Hof seines Vaters angekommen, lässt er sich als Jäger anstellen. (Der Vater erkennt ihn nicht, da er schon als sehr kleines Kind geraubt wurde.) In der Gegend gibt es nur wenig Wild, sodass der alte König hocherfreut ist über den jungen Mann, der ihm mehr als genug Wildbret für ein großes Gastmal beschafft. Der Königssohn benutzt natürlich auch hierfür seine Wunschkraft. Er lässt Jäger einen großen Kreis bilden, der an einem Ende offen ist. Dann wünscht er sich Wild herbei, das die Jäger im Kreis nur noch abschießen müssen.

Als Anerkennung darf der junge Jäger neben dem König sitzen, der noch immer nicht weiß, dass dieser sein Sohn ist. Der Sohn wünscht sich, dass einer der Gäste das Gespräch auf die eingemauerte Königin bringt. Diese Gelegenheit nutzt er, um sich endlich zu erkennen zu geben und die Intrige des Kochs aufzuklären. Der schwarze Pudel, der immer an der Seite des Königssohns ist, muss vor den Augen aller Anwesenden glühende Kohlen fressen. Alle sehen, wie der Qualm aus seinem Maul aufsteigt (ein sicheres Zeichen des Teufels). Der Pudel nimmt wieder die Gestalt des Kochs an und wird als solcher in den Kerker geworfen. Die Nelke wird wieder zu der schönen Jungfrau, die der Königssohn dem Vater als seine Braut vorstellt. Die Mutter wird aus dem Turm befreit, schließt ihren Seelenfrieden und stirbt drei Tage später. Auch den alten König bringt der Kummer wenig später ins Grab.

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