Fitchers Vogel

Fitchers Vogel ist ein Märchen der Brüder Grimm (Kinder- und Hausmärchen, KHM 46). Wem Rotkäppchen oder Hänsel und Gretel zu grausam ist, der sei hiermit gewarnt: dies ist ein Märchen für Freunde des Horrors! (Märchentyp ATU 311: Mädchenmörder, Rettung durch die Schwester; siehe auch Ritter Blaubart, Der Räuberbräutigam

Illustration von Arthur Rackham zu dem Märchen Fitchers Vogel von den Brüdern Grimm
Fitchers Vogel. Illustration Arthur Rackham (Little Brother & Little Sister and other Tales by the Brothers Grimm, Dodd, Mead and Company, New York, 1917)

Inhalt

Ein Hexenmeister geht in der Gestalt eines armen Mannes von Tür zu Tür um zu betteln. Doch es geht ihm nicht um ein paar Brocken Brot, sondern er nutzt diese Tarnung, um junge Mädchen zu entführen. Keines der verschwundenen Mädchen ist jemals wieder aufgetaucht und niemand weiß, was ihnen widerfahren ist. Eines Tages taucht er mit einem großen Korb auf dem Rücken bei einem Mann auf, der drei schöne Töchter hat. Der älteste reicht ihm ein paar Almosen, und als er sie nur leicht berührt, kann sie nicht anders, als in seine Kiepe zu springen.

In seinem Haus im finstren Wald ist alles prächtig eingerichtet, und das Mädchen bekommt von dem Hexenmeister alles, was sie sich wünscht. Nach einer Weile geht er auf eine Reise und gibt dem Mädchen die Hausschlüssel mit der Warnung, sie könne sich überall umsehen, nur in dem einen verbotenen Zimmer nicht — ansonsten hätte sie ihr Leben verwirkt. Außerdem bekommt sie von ihm ein goldenes Ei, das sie immer bei sich tragen solle. Als der Hexer weg ist, kann das Mädchen der Versuchung nicht widerstehen, auch in das verbotene Zimmer zu schauen. Vor Entsetzen lässt sie das goldene Ei fallen (was sich als verhängnisvoll erweisen wird), denn in dem Zimmer liegen überall Menschenteile und in der Mitte steht ein Trog voller Blut. Schnell hebt sie ihr Ei auf und schließt die Kammer wieder ab, doch es gelingt ihr nicht, das Blut von dem Ei abzuwischen.

Als der Hexenmeister wiederkommt, erkennt er an dem Ei, dass sie das schaurige Zimmer betreten hat. Damit ist ihr Schicksal besiegelt; sie endet wie die vielen Mädchen vor ihr, deren Überreste sie gerade noch zu ihrem Entsetzen gesehen hat. Dann holt sich der Hexenmeister die zweite Tochter, der das gleiche widerfährt wie der ältesten. Schließlich entführt er auch die jüngste Tochter. Die ist aber vorsichtig genug, dass Ei wegzulegen und sicher zu verschließen, bevor sie schreckliche Kammer betritt. Ihr Entsetzen ist noch größer als das der beiden anderen, weil sie unter all den zerstückelten Menschen auch ihre Schwestern entdeckt. Doch sie beherrscht sich und sucht alle Teile der Schwestern zusammen, und als nichts mehr fehlt und alles ordentlich zusammengelegt ist, werden die Schwestern wieder lebendig.

Während sich die beiden Älteren verstecken, empfängt die Jüngste den heimkehrenden Unhold. Da das Ei keinerlei Spuren von Blut zeigt, erklärt der, er wolle sie heiraten, denn sie haben die Probe bestanden. Sie willigt ein, bittet ihn aber, einen Korb voll Gold nach Hause zu ihren Eltern zu tragen. Er erfüllt ihr den Wunsch, ahnt aber nicht, dass in dem Korb unter einer Schicht Goldstücke die beiden Schwestern hocken.

Während der Hexenmeister unwissentlich zwei seiner Opfer nach Hause trägt, bereitet die jüngste Tochter ihre eigene Flucht vor. Einen Totenkopf behängt sie mit Schmuck und lässt ihn aus dem Fenster schauen. Dann wälzt sie sich zuerst in Honig und danach in Bettfedern, sodass sie aussieht wie ein seltsamer Vogel. In diesem Aufzug verlässt sie das Haus. Auf ihrem Weg begegnet sie den Hochzeitsgästen und später auch dem Hexenmeister, der sie nicht erkennt. Dabei entspinnt sich jedesmal der folgende Dialog:

Du Fitchers Vogel, wo kommst du her?“
„Ich komme von Fitze Fitchers Hause her.“
„Was macht denn da die junge Braut?“
„Hat gekehrt von unten bis oben das Haus,
und guckt zum Bodenloch heraus.“

Nachdem die Hochzeitsgäste und der Hexenmeister im Haus verschwunden sind, verschließen die inzwischen eingetroffenen Helfer die Tür und zünden das Haus an, sodass der Bösewicht mit seinem Gesindel elendiglich verbrennt.

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