Rumpelstilzchen

Rumpelstilzchen ist ein Märchen der Brüder Grimm (Kinder- und Hausmärchen, KHM 55). Die Figur selbst hat, was ihre im Märchen genannten Merkmale betrifft, gewisse Züge eines Zwerges; doch entspricht die Abmachung zwischen Müllerstochter und Rumpelstilzchen (Hilfe in höchster Not gegen das ungeborene Kind) eher einem Teufelspakt. Auch ist das Ende, an dem das sich schon als Sieger sehende Rumpelstilzchen ausgetrickst wird, ein Element, das typischerweise in Märchen von dummen Teufeln vorkommt (siehe Der Teufel im Märchen).

Illustration von Anne Anderson zu dem Märchen Rumpelstilzchen von Anne Anderson
Rumpelstilzchen. Illustration Anne Anderson (Old, Old Fairy Tales, Whitman Publishing Company, 1935)

Inhalt

Ein armer Müller hat eine schöne Tochter, auf die er sehr stolz ist und mit deren Vorzügen er gern prahlt. So behauptet er dem König gegenüber, seine Tochter könne Stroh zu Gold spinnen.

Das gefällt dem König, der die schöne Müllerstochter in eine mit Stroh gefüllte Kammer sperren lässt. Dort soll sie über Nacht alles Stroh zu Gold spinnen. Wenn es ihr nicht gelänge, müsse sie sterben. Das Mädchen ist verzweifelt, denn natürlich hat ihr Vater nur geprahlt. Während sie schluchzt und wehklagt, taucht ein kleines Männlein auf und verspricht, ihr zu helfen. Die Müllerstochter gibt ihm dafür ihr Halsband, und tatsächlich steht der König am nächsten Morgen staunend vor einem Berg Gold. Der Anblick entfacht in ihm den Wunsch nach mehr. Das Mädchen wird in eine größere Kammer mit noch mehr Stroh gesperrt und muss wieder, unter Androhung der Todesstrafe, alles zu Gold spinnen. Wieder hilft der Kobold und bekommt diesmal den Ring der Müllerstochter als Lohn.

Der König ist nun so entzückt, dass er das Goldmädchen zur Frau nehmen will, sollte ihr das Kunststück ein drittes Mal gelingen. (Allerdings, wenn nicht, dann …) Und wieder taucht das Männlein auf, um seine Hilfe anzubieten. Die Müllerstochter ist verzweifelt, denn sie besitzt nichts mehr, was sie ihm geben könnte. Doch das Männlein weiß genau, was es will, nämlich ihr erstes Kind, das sie dem König als dessen Gemahlin gebären wird. Die Müllerstochter sieht keinen Ausweg und hofft wohl auch, ihr Versprechen nie einlösen zu müssen. Also verspricht sie dem Männlein das Verlangte.

Tatsächlich wird sie nach der dritten Nacht des Stroh-zu-Gold-Spinnens die Frau des Königs. Fast schon hat sie ihren unheimlichen Helfer vergessen, als dieser an der Wiege ihres ersten Kindes auftaucht und dieses als seinen zugesprochenen Lohn einfordert. Weinend kann sie einen Aufschub von drei Tagen erwirken. Sollte sie bis dahin den Namen des Männleins wissen, darf sie ihr Kind behalten. Die junge Königin lässt im ganzen Land Boten ausschicken, um die ungewöhnlichsten Namen zu erkunden. Einer der Boten berichtet von einem kleinen Männlein, das auf dürren Beinen um ein Feuer sprang und dabei rief:

»Heute back‘ ich, morgen brau‘ ich,
übermorgen hol‘ ich mir der Königin ihr Kind.
Ach wie gut, daß niemand weiß,
daß ich Rumpelstilzchen heiß‘.«

Die Königin weiß nun den rettenden Namen, doch foppt sie den bösen Kobold, indem sie zuerst fragt: »Heißest du Kunz? Heißest du Hinz?« Schließlich aber: »Oder heißest du etwa Rumpelstilzchen?« Wütend ruft das Männlein: »Das hat der der Teufel gesagt!« und zerreißt sich vor lauter Wut selbst.

Anmerkungen, Motive

Das hier beschriebene Ende folgt der Variante in späteren Auflagen, wie sie auch in aktuellen Ausgaben zu lesen ist. In der der ersten Auflage (1812) war es noch der König selbst, der das Rumpelstilzchen vor seinem Feuer belauscht hat. Das einem zweifelhaften Wesen (Teufel?) in einer Notsituation gegebene Versprechen, diesem ein Kind, manchmal noch ungeboren oder sogar noch ungezeugt, zu überlassen ist ein häufiges Märchenmotiv, vergleiche etwa Rapunzel oder Das singende, springende Löweneckerchen.

Sehr ähnlich ist das französische Märchen Ricdin-Ricdon, wobei es dort die Mutter ist, die ihre Tochter durch das falsche Rühmen vermeintlicher Fähigkeiten in Bedrängnis bringt. Außerdem gilt es dort nicht, den Namen des Unholds zu erraten, sondern ihn sich zu merken (was irgendwie logischer ist). Siehe auch Die drei Spinnerinnen (Brüder Grimm) und Die sieben Schwarten (Giambattista Basile).

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