Ali Baba und die vierzig Räuber

Das Märchen Ali Baba und die vierzig Räuber ist in den meisten europäischen Ausgaben der orientalischen Märchensammlung Tausendundeine Nacht enthalten, jedoch nicht im arabischen Original. Sie wurde zusammen mit einigen anderen bekannten Geschichten von Antoine Galland, dem ersten europäischen Übersetzer der Sammlung, hinzugefügt. Ob er sie aus anderen Quellen hatte (Galland war Orientalist) oder ob es sich um eine eigene Schöpfung handelt, ist unklar. Zumindest der erste Teil von Ali Baba und die vierzig Räuber (Schatzhöhle im Berg, die sich auf ein Zauberwort hin öffnet) ist auch im europäischen Märchen bekannt (vergleiche etwa Simeliberg, Brüder Grimm).

Illustration von René Bull zu dem Märchen Ali Baba und die vierzig Räuber
Ali Baba und die vierzig Räuber, Illustration René Bull (The Arabian Nights, Constable, 1912)

Inhalt

Ali Baba verdient seinen Lebensunterhalt, indem er im Wald Holz sammelt und es auf dem Markt verkauft. Das wenige Geld, das er hat, gibt er aus. Auf diese Weise lebt er mit seiner Frau zwar in bescheidenen Verhältnissen, aber glücklich und zufrieden. Ganz anders ist es seinem Bruder Kasim ergangen, der zwar den gleichen Anteil vom väterlichen Vermögen geerbt hat, aber sein Geld geizig zusammenhält ist und außerdem die Tochter eines reichen Kaufmanns geheiratet hat.

Eines Tages sieht Ali Baba beim Holzsammeln in der Ferne eine Horde verwegen aussehender Männer. Da er nicht fliehen kann, klettert er auf einen Baum und versteckt sich im Geäst. Die Horde macht direkt unter Ali Babas Baum halt, und er begreift, dass es sich tatsächlich um Räuber handelt. Ihre Pferde sind schwer mit wertvollen Waren beladen; offenbar haben sie gerade eine Karawane ausgeraubt. Einer der Räuber — offenbar der Anführer — tritt vor eine Felswand und ruft:

»Sesam, öffne dich!«

Der Berg öffnet sich und die Räuber gehen mit ihren Schätzen hinein. Ali Baba traut sich nicht von seinem Baum herunter, weil er fürchtet, die Räuber könnten in diesem Moment wiederkommen. Schließlich kommen sie tatsächlich heraus. Der Anführer ruft:

»Sesam, schließe dich!«

woraufhin sich der Berg schließt und die Räuber verschwinden. Ali Baba nimmt seinen Mut zusammen und tritt nun selber vor den Felsen, der sich tatsächlich auf den Spruch hin öffnet, den er den Räubern abgelauscht hat. Im Inneren des Berges findet er Unmengen von wertvollen Waren, Schmuck und Edelsteine. Ali Baba denkt sich, dass es keine Sünde ist, von den gestohlenen Schätzen selbst ein klein wenig zu stehlen, und füllt einen Sack mit Goldstücken, nicht mehr als sein Esel bequem tragen kann.

Zu Hause möchte seine Frau die Goldstücke zählen, um zu wissen wie reich sie nun eigentlich sind. Doch zum Zählen sind es zu viele; deshalb beschließen sie, sich von der Schwägerin eine Waage zu leihen. Die Schwägerin würde zu gern wissen, was die armen Verwandten zu wiegen haben, und die ausweichende Antwort von Ali Babas Frau stachelt ihre Neugier nur noch mehr an. Deshalb bestreicht sie die Waage mit einer Mischung aus Talg und Wachs. Als sie ihre Waage zurückbekommt, haften daran ein paar kleine Goldstücke.

Nun lässt Kasim seinem Bruder Ali Baba keine Ruhe, bis der ihm das Geheimnis anvertraut. Kasim belädt zehn Maulesel mit Kisten und Säcken, um sich selbst an den geraubten Schätzen zu bedienen. Auch ihm öffnet sich der Berg auf den Zauberspruch. Im Inneren weiß er vor Gier gar nicht, wo er zuerst zugreifen soll. Doch zu seinem Unglück hat er vor lauter Aufregung den Namen des Berges vergessen. Er versucht alles Mögliche, wie Simsam, Samson, Sisal … öffne dich!, doch der Berg blieibt verschlossen. Schließlich kommen die Räuber, finden ihn und schlagen ihm den Kopf ab.

Als er nicht nach Hause kommt, macht sich seine Frau große Sorgen. Sie fleht ihren Schwager an, nach Kasim zu suchen. Diese Bitte erfüllt Ali Baba nur zu gern, denn trotz aller Meinungsverschiedenheiten liebt er seinen Bruder. Zu seinem Entsetzen findet er ihn enthauptet in der Räuberhöhle und bringt den Leichnam nach Hause zur Schwägerin. Die ist untröstlich und weist die Sklavin Mardschana1 an, die Beerdigung vorzubereiten. Doch Marsdschana, die ebenso klug wie schön ist, gibt zu bedenken, dass man den Leichnam, so wie er ist, nicht aufbahren kann, wie es die Sitte will; außerdem würde es Fragen zu den Todesumständen geben. Listig verbreitet sie zunächst das Gerücht, dass Kasim schwer krank ist, um dann seinen, inzwischen allseits erwarteten, Tod bekannt zu geben. Außerdem ködert sie einen frommen, aber geldgierigen Schneider, der dem Leichnam den Kopf annäht, damit sie ihn aufbahren können, wie es sich gehört.

Währenddessen machen sich auch die Räuber ihre Gedanken. Schon als sie Kasim in ihrer Schatzhöhle angetroffen hatten, war ihnen der Verdacht gekommen, dass vielleicht noch jemand anderes von ihrem Versteck weiß. Nachdem der Leichnam verschwunden ist, kann darüber kein Zweifel mehr bestehen. Sie forschen in der Stadt nach, ob jemand etwas von einem enthaupteten Mann gehört hat. Und tatsächlich werden sie beim Schneider, dem »Halsannäher« fündig. Er macht ein Kreidezeichen an die Tür von Ali Babas Familie, doch die umsichtige Mardschana entdeckt es, und kennzeichnet alle Türen in der Umgebung mit dem gleichen Zeichen.

Schließlich findet der Räuberhauptmann doch heraus, in welchem Haus der Mitwisser wohnt. Er tarnt sich als Ölhändler und versteckt seine Kumpane in Tonkrügen, mit denen er seine Esel belädt. In diesem Aufzug gelingt es ihm, sich bei dem gastfreundlichen Ali Baba ein Nachtlager zu erschleichen, da angeblich alle Herbergen überfüllt sind. Nachts, so der Plan, würden die Räuber aus den Krügen steigen, und die ganze Familie umbringen. Doch die schlaue Mardschala kommt ihnen auch diesmal auf die Schliche. Sie schüttet, obwohl sie deswegen Gewissensbisse hat, heißes Öl in die Krüge und tötet so einen Räuber nach dem anderen. Nur der Räuberhauptmann entkommt.

In anderer Verkleidung kommt er noch einmal in Ali Babas Haus, einen Dolch im Gewand, um ihn und seine Familie zu töten. Doch Mardschana hat ihn diesmal an seiner Stimme erkannt. Sie bittet darum, zur Unterhaltung der Familie und des heimtückischen Gastes tanzen zu dürfen. Niemand ahnt, dass sie ebenfalls einen Dolch unter ihren Schleiern trägt, und als sich der Bösewicht von hinten Ali Baba nähert, stößt sie ihm den Dolch in die Brust. Im ersten Moment sind alle entsetzt, doch dann begreifen sie, dass der Gast niemand anderes als der Räuberhauptmann ist. Ali Baba schenkt der schönen Sklavin die Freiheit und verheiratet sie mit seinem Vetter.

  1. In anderen Übersetzungen heißt die Sklavin Morgiana, also ähnlich wie die Fee Morgana.

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