Fabelwesen: Das Einhorn

Das Einhorn ist ein Fabelwesen von Pferde- oder Ziegengestalt mit einem Horn in der Stirnmitte. Sein Fell wird meist als weiß oder zumindest hell beschrieben, das Horn meist als spitz und gewunden. In manchen Darstellungen hat es eine wilde Mähne und einen Löwenschwanz. Dem Horn wird oft besondere Kraft zugesprochen, sei es als Zauberkraft in Märchen und Mythen oder auch als medizinisch wirksame Essenz (»Einhornpulver«). Reale Exemplare von Einhorn-Hörnern erwiesen sich allerdings später als Stoßzähne von Narwalen, die von Kreuzfahrern aus Vorderasien mitgebracht worden waren. Darstellungen von Einhörnern finden sich bereits im alten Orient (zu sehen z.B. auf dem Ischtar-Tor im Pergamonmuseum, Berlin). In Indien und China galt es als Glückssymbol.

De Monocerote. Einhorn, aus Historiea animalum, Conrad Gesner, 1551
Aus Historiea animalum, Conrad Gesner, 1551

Im Abendland war das Fabelwesen durch eine lateinische Übersetzung des »Physiologus« seit dem 5. Jahrhundert bekannt. Seit frühchristlicher Zeit galt es als Sinnbild von Kraft, Reinheit und Keuschheit und damit als Christussymbol. Darstellungen von Einhörnern im Spätmittelalter (u.a. in Bestiarien, im Chorgestühl und auf Wandteppichen) zeigen häufig, wie das Tier seinen Kopf in den Schoß einer Jungfrau legt. Dies symbolisiert die Menschwerdung Gottes durch Maria. Der Legende nach kann das äußerst scheue Einhorn nur von einer reinen Jungfrau eingefangen werden. Manche Darstellungen zeigen, wie das vertraulich bei der Jungfrau liegende Einhorn von Jägern aufgespießt wird. Der Mythos von der Zähmung des Einhorns durch eine Jungfrau wurde in der jüngsten Vergangenheit nicht zuletzt durch die Harry-Potter-Romane kultiviert.

Einhorn, aus Physiologus
Aus dem Althochdeutschen Physiologus, um 1070

Das bekannteste Märchen mit einem Einhorn ist Das tapfere Schneiderlein. Dort tritt das Einhorn allerdings nicht sanft, sondern als gefährlich-bösartiges Tier auf.

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