Die Aschenkatze

Das Märchen Die Aschenkatze ist enthalten in Giambattista Basiles Pentameron (fünfte Erzählung des ersten Tages). Es gehört zum Märchentyp des Aschenputtels: ein junges Mädchen verliert die Mutter, wird von der Stiefmutter überaus schäbig behandelt und vom schwachen Vater vergessen. Ihren Statusverlust kann sie überwinden, indem sie die Liebe eines Prinzen gewinnt. Dabei helfen ihr magische Kräfte, die ihre verstorbene Mutter symbolisieren.

Illustration Warwick Goble zum Märchen Die Aschenkatze aus dem Pentameron von Giambattista Basile
Die Aschenkatze. Illustration Warwick Goble (Stories from the Pentamerone, Macmillan, 1911)

Inhalt

Einem König stirbt seine Frau und er heiratet erneut. Seine geliebte Tochter Lucretia leidet unter den täglichen Gemeinheiten der Stiefmutter, doch findet sie die vermisste Zärtlichkeit bei der Hofmeisterin, welcher der König die Erziehung des Mädchens übertragen hat. Oft beklagt sich Lucretia bei ihr über die schlechte Behandlung durch die Stiefmutter und seufzt, wie schön es doch gewesen wäre, hätte der Vater sie, die mütterliche Freundin, anstelle der jetzigen Frau geheiratet.

Das Vertrauen des Mädchens nutzt die nur scheinbar freundliche, in Wirklichkeit jedoch verschlagene Hofmeisterin aus. Sie gibt dem Mädchen den Rat, wenn der Vater fort ist, die Stiefmutter um alter Kleider zu bitten, die in der Hinterstube in einer großen Truhe aufbewahrt werden. Da die Stiefmutter das Mädchen nur allzu gern in abgetragenen Kleidern sähe, würde sie den Wunsch bestimmt nicht abschlagen. Und wenn sich die Stiefmutter über die Truhe beugt, solle sie den Deckel zuschlagen und ihr so das Genick brechen.

Tatsächlich wird Lucretia durch die Einflüsterung der Hofmeisterin zur Mörderin. Der Vater, der weiß, wie sehr seine Tochter an der Hofmeisterin hängt, heiratet diese nach der Trauerzeit. Als Lucretia während der Hochzeitsfeier auf einen Balkon tritt, lässt sich eine Taube bei ihr nieder und macht Lucretia ein Versprechen, dessen Sinn sie zu dieser Zeit noch nicht versteht. Wenn sie einmal etwas brauche, solle sie es die Feentaube auf Sardinien wissen lassen.

Schon wenige Wochen nach der Hochzeit ändert sich die Haltung der ehemaligen Hofmeisterin gegenüber Lucretia. Das Mädchen wird nun noch mehr schikaniert als von der ersten Stiefmutter. Außerdem sorgt die Neue dafür, dass der König das Interesse an seiner Tochter verliert. Dem sind bald die sechs Töchter seiner neuen Frau wichtiger als die eigene, einzige Tochter. Lucretia darf die Prachträume nicht mehr betreten und verbringt ihre Tage in zerschlissenen Kleidern in der Nähe des Herds. Schließlich verliert sie sogar ihren Namen und wird nur noch Aschenkatze gerufen.

Eines Tages reist der Vater nach Sardinien und fragt alle Angehörigen, was er ihnen mitbringen soll. Die Stieftöchter wünschen sich Kleider, Schminke, Kopfputz usw. Die Aschenkatze wünscht nichts weiter, als er die Feentaube von ihr grüßt und sie bittet, sie solle ihr etwas schicken. Der Vater besorgt alle Geschenke, nur an seine Tochter denkt er nicht. Jedoch wird sein Schiff, als er ablegen will, von einem unsichtbaren Sog festgehalten. Dem Kapitän erscheint im Traum eine Taube, die zu ihm spricht: sein Schiff könne nicht ablegen, weil der König das Versprechen gegenüber seiner Tochter nicht gehalten hat. Er erzählt diesen Traum dem König, der beschämt zur Feengrotte eilt. Die Taube verwandelt sich in eine schöne Jungfrau und übergibt ihm als Geschenk für die Tochter einen Dattelzweig, eine goldene Harke, einen goldenen Eimer und ein seidenes Tuch.

Lucretia ist außer sich vor Freude über die Geschenke und steckt den Zweig sogleich in einen Blumentopf. Sie hegt und pflegt ihn mit den Gerätschaften der Fee, und nach wenigen Tagen ist die Pflanze so groß wie sie selbst. Da tritt eine Jungfrau aus der Pflanze und fragt Lucretia, was sie sich wünscht. Sie wünscht sich, dann und wann ohne Wissen der Stiefschwestern ausgehen zu können. Die Fee erklärt er, was sie zu der Pflanze sagen muss, damit diese schöne Kleider und was sie sonst zum Ausgehen braucht, auf sie herabschütteln muss. Und auch, was sie sagen muss, um sich wieder die Aschenkatze zurückzuverwandeln.

Als bald darauf der junge König des Nachbarlands ein Fest veranstaltet, taucht sie, gekleidet wie eine Prinzessin, auf dem Ball auf und ist der Star des Abends. Ihre Stiefschwestern erkennen sie nicht und schwanken zwischen Bewunderung und Neid. Der junge Königin verliebt sich in die schöne Unbekannte und lässt sie, als der Ball zu Ende ist, von einem Diener verfolgen, um herauszufinden, wer sie ist. Ihr gelingt es, ihn abzuschütteln und sich unerkannt wieder in die Aschenkatze zu verwandeln. Beim nächsten Ball erscheint sie noch prächtiger gekleidet, vom König bereits sehnsüchtig erwartet. Auch diesmal kann sie auf der Heimfahrt den Verfolger abschütteln. Doch als sie ein drittes Mal auf dem Ball erscheint, verliert sie auf der Heimfahrt einen Pantoffel.

Der König lässt so lange nach der Besitzerin suchen, bis schließlich nur noch die unscheinbare Aschenkatze übrig bleibt. Trotz ihres schäbigen Kleidchens kommt sie im sofort bekannt vor, und als er den Pantoffel an ihren Fuß hält, ziehen sich beide förmlich an, als wären sie Eisen und Magnet. Zum Ärger ihrer Stiefmutter und der Stiefschwestern setzt er ihr die Krone auf und macht sie zu seiner Königin.

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