Parthonopeus und Meliur

Die Sage von Parthonopeus und Meliur (Schreibweisen auch Partonopeus, Partonopier; Melior) ist eine Variante des Märchens von Amor und Psyche (»gestörte Marthenehe«) und weist insbesondere starke Parallelen zu den verschiedenen Sagen um die schöne Melusine auf. Im Melusine-Roman von Jean d’Arras ist Meliur (Melior) eine der beiden Schwestern von Melusine und wird von ihrer Mutter in einen Drachen verwandelt (Melusine in ein Schlangenweib).

Das altfranzösische Versepos wurde im 13. Jahrhundert von Konrad von Würzburg ins Mittelhochdeutsche übertragen. Die folgende Inhaltsangabe bezieht sich auf eine stark gekürzte deutsche Fassung, die im 19. Jahrhundert in einer Sammlung altfranzösischer Sagen erschien (Quelle: Ernst Tegethoff, Französiche Märchen, Bd. 1, 1923; siehe auch die dort angegebenen Quellen).

Inhalt

Parthonopeus, ein Neffe von König Chlodwig, verirrt sich auf der Jagd. Nach einigem Umherirren gelangt er ans Ufer eines unbekannten Meeres. Er findet dort eine reich geschmückte Barke und hofft, dass ihn die Leute auf diesem Schiff zum Schloss seines Onkels bringen können. Mitsamt seinem Pferd betritt er das Deck, doch zu seiner Überraschung ist nirgends eine Menschenseele zu entdecken. Ihn überkommt große Müdigkeit, und kaum das ihm die Augen zugefallen sind, wird die Barke von einem kräftigen Wind aufs Meer getrieben. Als er wieder erwacht, bleibt ihm nichts anderes übrig, als sich den Elementen anzuvertrauen und die Pracht der herrenlosen Barke zu bestaunen. Schließlich legt die Barke von selbst am Fuße eines Schlosses an.

Der Ritter betritt das herrliche, reich geschmückte Schloss. Die Tore öffnen sich ihm von selbst, und der Tisch im Speisesaal ist gedeckt, als hätte ihn jemand erwartet. Doch wie auf der Barke ist auch hier kein einziges lebendes Wesen zu sehen. Der Hunger nötigt Parthonopeus, an der Tafel Platz zu nehmen. Ganz selbstverständlich setzt er sich auf den Ehrenplatz, denn seine königliche Herkunft vergisst der Ritter auch unter diesen seltsamen Umständen nicht. Sogleich werden ihm von unbekannter Hand ein Becken mit Wasser und ein Handtuch gereicht. Dann werden Schüsseln und Platten mit köstlichen Speisen aufgetragen und passende Weine eingeschenkt. All dies tun unsichtbare Dienstboten, und es setzt sich niemand zu ihm, um das Mahl zu teilen.

Nach dem Essen weisen ihm zwei brennende Kerzen den Weg in ein Schlafgemach, das mit seinem Luxus der Bewirtung in nichts nachsteht. Kaum hat er sich niedergelegt, wird es in dem Zimmer so dunkel, dass er seine Hand vor Augen nicht sehen kann. Dann legt sich ein Mensch zu ihm ins Bett, eine Jungfrau, die er nicht sehen, sondern nur fühlen kann. Sie erklärt, dass sie die Schlossherrin sei und empört sich: Was er in ihrem Bett zu suchen habe?! Parthonopeus erzählt ihr von den Umständen, die ihn hierher geführt haben, und bittet um Erbarmen.

Sie zeigt sich sehr angerührt von seiner Geschichte, weit mehr als das, und so schlafen sie miteinander. Und danach erzählt sie ihm, dass es kein Zufall und kein unglückliches Geschick war, was ihn zu ihr geführt hat, sondern sie selbst habe alles so eingefädelt, weil sie sich ihn ihn verliebt habe. Sie ist eine Fee und heißt Meliur. Wenn er dreieinhalb Jahre bei ihr bleibt und nicht versucht, sie ihn dieser Zeit zu erblicken, gehört alles, was er im Schloss sieht, ihm. Und sie selbst auch. Auch darf er mit niemandem reden als mit ihr. Nach dieser Wartezeit aber werde sie offiziell seine Gattin werden.

Parthanopeus lebt durchaus glücklich mit seiner Fee, doch nach einiger Zeit erfasst ihn Sehnsucht nach seiner Heimat. Als er Meliur sein Gefühl anvertraut, gestattet sie ihm, eine Zeit lang von ihr fortzugehen, denn das Frankenreich ist bedroht. Chlodwig ist tot, ebenso sein Vater, und vor Schloss Blois, seinem Erbe, steht schon der Feind. Also zieht Parthonopeus zur väterlichen Burg, verjagt die Feinde und befreit das Frankenreich von den Normannen und Sarazenen. Bald macht ihn die Sehnsucht nach Meliur still und traurig.

Dies bemerkt seine Mutter, und sie ahnt auch, dass eine Frau dahinter steckt, obwohl Parthonopeus mit niemandem über seine heimliche Liebe spricht. Geschickt bringt sie ihren Sohn dazu, seine Schweigeversprechen zu verletzten. Heimlich beginnt sie, dessen Verbindung mit einer Fee zu hintertreiben. Mithilfe eines Zaubertrunks gelingt es ihr, dass Parthonopeus Meliur vergisst und sich dem Mädchen zuwendet, mit dem ihn die Mutter verkuppeln will. Doch das Mädchen verplappert sich: sie erwähnt die Fee, der Parthonopeus nun zum Glück entrissen sei. Erschrocken darüber, dass er seine Liebste beinahe vergessen hätte, reitet er wieder zu ihr.

Meliur bleibt es nicht verborgen, dass Parthonopeus sich nicht an ihre Abmachung gehalten hat. Doch sie verzeiht ihm und sie leben wie vorher zusammen auf ihrem Feenschloss. Als er zweites Mal Heimweh bekommt, lässt sie ihn zwar wieder ziehen, doch diesmal mit düsterer Vorahnung. Seine Mutter und der Erzbischof reden ihm ein, dass seine Fee ein Ungeheuer, ja der Teufel sei, und dass sie sich ihm nur deshalb nicht zeige, weil der Teufel so überaus hässlich ist. Sie geben ihm eine Zauberlaterne mit, damit er seine Geliebte heimlich betrachten kann. Was er auch tut, doch anstatt eines Ungeheuers erblickt er das schönste Weib, das er je gesehen hat. Doch Meliur wird wach. Sie hat ihre Zauberkraft verloren, Menschen strömen ins Zimmer und zeigen mit Finger auf das Paar. Parthonopeus wird aus dem Feenland verwiesen.

Die Sage endet mit dem Hinweis, dass der Held am Ende doch seine Fee wiederfindet, so wie es auch das Epos erzählt, aus dem die Sage entnommen wurde.

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