Der kleine Däumling

Der kleine Däumling (Le petit poucet) ist ein Märchen aus der Sammlung Les Contes de ma mère l’Oye von Charles Perrault (1697).

Im Gegensatz zu vielen anderen Märchen Perraults wie Le Peti Chaperon Rouge (Rotkäppchen) oder Le Belle au bois dormant (Dornröschen) nahmen die Brüder Grimm das Märchen vom kleinen Däumling nicht in ihre Kinder- und Hausmärchen (1812) auf. In Deutschland fand es (mit einigen Abwandlungen) durch Ludwig Bechsteins Deutsches Märchenbuch (1845) Verbreitung. Das Motiv der im Wald ausgesetzten Kinder taucht bei den Grimms in ganz ähnlicher Form in Hänsel und Gretel auf, in anderem Zusammenhang auch in Schneewittchen.

Der kleine Däumling, Märchen von Charles Perrault. Illustration Gustave Doré
Der kleine Däumling. Illustration Gustave Doré (Les Contes de Perrault, Verlag Julius Hetzel, 1862)

Nicht zu verwechseln mit Perraults Däumling sind die ebenfalls daumengroßen Jungen in den Grimm’schen Märchen Daumesdick und Daumerlings Wanderschaft.

Inhalt

Ein armer Holzfäller (bei Bechstein ein Korbmacher) hat mit seiner Frau sieben Söhne. Der jüngste war bei seiner Geburt nicht größer als ein Daumen und entwickelt sich auch später schlecht. Während einer schlimmen Hungersnot beschließen die Eltern, die Kinder im Wald auszusetzen, weil sie sich nicht mehr in der Lage sehen, sie zu ernähren. Der Däumling belauscht den schlimmen Plan und füllt seine Taschen vorsorglich mit weißen Kieseln. Mit seinen jammernden älteren Brüdern im Wald zurückgelassen, führt er sie entlang der ausgestreuten Kiesel zu den Eltern zurück. Im zweiten Versuch gelingt der Plan, da der Däumling diesmal keine Kiesel hat. Stattdessen streut er Brotkrumen aus, die von den Vögeln weggepickt werden.

Nach einigem Herumirren gelangen die sieben Brüder zu einem verlassen wirkenden Haus, in dem ein Menschenfresser mit seiner Frau und seinen sieben Töchtern wohnt. Die Frau des Menschenfressers hat Mitleid mit den Jungen und versteckt sie unterm Bett ihres Mannes. Doch der riecht Menschenfleisch, als er nach Hause kommt, und findet sie schließlich in ihrem Versteck. Die Frau kann ihn überreden, sie vor dem Verspeisen ein wenig zu mästen, was sie fürs erste rettet. Die Jungen werden zu den sieben schlafenden Mädchen gesteckt, die ebenfalls kleine Menschenfresserinnen sind. Jedes Mädchen trägt eine Krone, die der Däumling gegen die Zipfelmützen der Jungen tauscht. Als des Nachts der Menschenfresser ins Zimmer schleicht, um den Jungen die Kehlen durchzuschneiden, erwischt er versehentlich — wegen der vertauschten Kopfbedeckungen — seine eigenen Töchter.

Die Jungen fliehen aus dem Haus, werden aber nach der Entdeckung des grausigen Irrtums vom Menschenfresser in seinen Siebenmeilenstiefeln verfolgt. Als er den Kindern schon ganz nahe ist, hält er vor Erschöpfung ein Schläfchen, was der Däumling ausnutzt, um ihm seine Siebenmeilenstiefel zu entwenden. Damit eilt er zur Frau des Unholds und macht ihr weis, dieser sei von Räubern entführt worden. Mit dem eingeforderten Lösegeld kehren er und seine Brüder zu den Eltern zurück. Die allgemeine Freude ist groß; der Däumling aber verabschiedet sich mit seinen Siebenmeilenstiefeln in die weite Welt.

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