Die zwölf Jäger

Die zwölf Jäger ist ein Märchen der Brüder Grimm (Kinder- und Hausmärchen, KHM 67).

Illustration von Henry J. Ford zu dem Märchen Die zwölf Jäger von den Brüdern Grimm
Die zwölf Jäger, Illustration Henry J. Ford (Andrew Lang, The Green Fairy Book, 1892)

Inhalt

Ein Königssohn weilt bei seiner Braut, als ihn die Nachricht ereilt, dass sein Vater im Sterben liegt. Er gibt seiner Braut zum Abschied einen Ring als Zeichen der Verbindung, doch am Sterbebett seines Vaters verspricht er diesem, überwältigt vom Kummer, eine andere Frau zu heiraten, welche der Vater für ihn ausgesucht hat. Als die Trauerzeit vorüber ist, fühlt er sich an das dem Vater gegebene Versprechen stärker gebunden als seine Liebste, und lässt um die fremde Königstochter werben. Sie wird ihm versprochen, und die Nachricht über die bevorstehende Hochzeit kommt verbreitet sich bis zum Hof der ersten Braut. Die ist darüber so traurig, dass ihr Vater ihr verspricht, ihr jeden Wunsch zu erfüllen.

Sie wünscht sich elf Mädchen, die ihr auf’s Haar gleichen. Als elf solche Mädchen gefunden sind, kleidet sie diese und sich selbst in Jägergewänder. Dann reiten sie als die zwölf Jäger an den Hof des ehemaligen Bräutigams und bieten ihre Dienste an. Der junge König erkennt seine ehemalige Braut nicht, doch die jungen Jäger gefallen ihm, sodass er sie aufnimmt. Der Hinweis, dass mit den Jäger etwas nicht stimmt, kommt von einem ungewöhnlichen Berater des Königs: einem Löwen, der die Gabe besitzt, die Wahrheit zu kennen.

Der Löwe behauptet, die Jäger seien in Wirklichkeit Mädchen, und gibt dem König den Rat, im Vorzimmer Erbsen auszustreuen. Sind es Männer, werden sie fest auf die Erbsen treten; Mädchen dagegen werden herumtrippeln. Die Erbsen werden ausgestreut, doch die zwölf Jäger werden von einem Diener gewarnt. Als sie ins Vorzimmer des Königs gerufen werden, treten sie so fest sie können auf die Erbsen, und der Löwe muss sich den Vorwurf anhören, dass er nicht die Wahrheit gesagt habe.

Doch der Löwe beharrt darauf: die Jäger seien in Wirklichkeit Mädchen, irgendjemand hätte ihnen einen Tipp gegeben. Deshalb sollten sie einer zweiten Probe unterzogen werden, indem man im Vorzimmer Spinnräder aufstellt. Mädchen würden nicht an sich halten können und sich an die Spinnräder setzen. Auch diesmal bekommen die Jäger einen Hinweis von dem Diener. Als sie ins Vorzimmer gerufen werden, würdigen sie die Spinnräder keines Blickes. Scheinbar hat der Löwe ein zweites Mal die Unwahrheit gesagt, weshalb der König ihm nicht mehr glaubt.

Die zwölf jungen Jäger begleiten den König nun immer auf der Jagd. Eines Tages, während sie zusammen unterwegs sind, meldet ein Bote die Ankunft der Braut, sodass die Hochzeit nun bald stattfinden kann. Als die wahre Braut das hört, fällt sie in Ohnmacht. Der König, der dem vermeintlichen Anführer der Jäger inzwischen freundschaftlich verbunden ist, eilt herbei, um ihm zu helfen. Als er den Handschuh abstreift, sieht er den Ring, den er seiner früheren Braut einst als Treueversprechen gegeben hatte. Nun erkennt er auch ihr Gesicht, besinnt sich und lässt die neue Braut bitten, wieder in ihr Reich zurückzukehren. Der Löwe, der offenbar doch die Wahrheit gesagt hat, kommt wieder in Gnade.

Motive, ähnliche Märchen

Das Motiv der vergessenen Braut findet sich u.a. in Die wahre Braut, Das singende, klingende Löweneckerchen, Der Liebste Roland, Die beiden Königskinder, Der Müller und die Nixe, Die drei Zitronen. Der Ring ist nicht nur ein Symbol der Treue, sondern auch ein Erkennungszeichen, etwa unter Geschwistern, wie in Märchen von den sieben Raben. Bei den beiden Proben verleugnen die zwölf Jäger ihre Weiblichkeit, wobei die Erbsen für Fruchtbarkeit und die Spinnräder für Häuslichkeit (aber auch für das „Gedanken spinnen“) stehen.

Der Löwe, der die Wahrheit kennt, ist dank dieser Fähigkeit eigentlich ein mächtiges Tier, doch seine Macht endet dort, wo einer die ihm unmittelbar vor Augen stehende Wahrheit (seine als Jäger verkleidete Braut ist immer in seiner Nähe) einfach nicht sehen will. Die Zahl Zwölf hat im Märchen besondere Bedeutung; sie steht in irgendeinem Sinne für das Perfekte. In diesem Fall bilden die zwölf Jäger eine verschworene Gemeinschaft, die der vergessenen Braut als emotionale Stütze sowie als perfekte Tarnung dient.

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