Die Eule

Die Eule ist ein Schwank, enthalten in den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm (ab 4. Auflage, KHM 174). Ähnlich wie in Die sieben Schwaben wird hier eine Gruppe von Maulhelden auf die Schippe genommen (in diesem Fall Männer aus einer Kleinstadt), die gegen ein vermeintliches Untier (hier die Eule, bei den sieben Schwaben ein Hase) zu Felde ziehen. Die Aktion gerät allerdings zu einem Schildbürgerstreich, bei dem sich die besorgten Bürger selber Schaden zufügen. Noch übler ergeht es der Eule, einem Tier, das im Märchen oft mit Hexen in Verbindung gebracht wird.

Illustration von Albert Weisgerber zu dem Märchen Die Eule von den Brüdern Grimm
Die Eule. Illustration Albert Weisgerber (Grimms Märchen, Gerlachs Jugendbücherei, Wien und Leipzig, 1901)

Inhalt

Der Schwank beginnt mit der Bemerkung, die Begebenheit hätte sich »vor ein paar hundert Jahren, als die Leute noch nicht so klug und verschmitzt waren« in einer Kleinstadt zugetragen. In die Scheune eines Bürgers hat sich eine Eule verirrt. Die traut sich nun, aus Angst vor den anderen Vögeln, die ihretwegen ein großes Geschrei machen, nicht mehr heraus.1

Als der Knecht Heu aus der Scheune holen will und den großen, fremden Vogel erblickt, fährt ihm ein Riesenschreck in die Glieder. Zuerst lacht sein Herr ihn aus. Als der aber selbst der Eule von Angesicht zu Angesicht gegenüber steht, erklärt er das ihm unbekannte Wesen zum Ungeheuer. Er holt einen Nachbarn zu Hilfe, nicht ohne den Hinweis, dass schließlich nicht nur er und seine Scheune, sondern am Ende vielleicht die ganze Stadt in großer Gefahr seien. Aus allen Gassen kommen Bürger gelaufen, bewaffnet mit Spießen, Äxten und Heugabeln. Auch die Ratsherren und der Herr Bürgermeister sind mit dabei.

Einer traut sich mit seinem Spieß hinein in die Scheune. Er kommt jedoch gleich wieder heraus – totenbleich und unfähig, ein Wort zu sagen. Zwei anderen ergeht es ähnlich. Schließlich lässt sich einer, dem Kriegserfahrung nachgesagt wird, seinen Harnisch anlegen. Dann wird das Scheunentor weit geöffnet. Nun kann die neugierige Menge das Ungeheuer mit eigenen Augen sehen, das sich mittlerweile auf einen Querbalken gesetzt hat. Der Held lässt sich eine Leiter reichen und steigt rauf. Als er auf halber Höhe ist, bekommt die Eule Angst. Sie verdreht ihre Augen, plustert er Gefieder auf und ruft »Schuhu, schuhuh«. Das ist zu viel für den Krieger. Halb ohnmächtig rutscht er von der Leiter.

Was nun? Die besorgten Bürger haben ihren besten Mann aufgeboten, und selbst der konnte gegen das Ungeheuer nichts ausrichten. Da erklärt sich der Bürgermeister bereit, aus seinem eigenen Säckel dem Besitzer der Scheune eine Entschädigung zu zahlen, um die Scheune samt Inhalt (vor allem samt Eule) niederzubrennen. Alle sind einverstanden, und so muss die Eule jämmerlich verbrennen.

  1. In dem Märchen Der Zaunkönig wird »erklärt«, wie es zur der Abneigung der anderen Vögel gegenüber der Eule kam.

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