Die drei Spinnerinnen

Die drei Spinnerinnen ist ein Märchen der Brüder Grimm (Kinder- und Hausmärchen, KHM 14, in der 1. Auflage unter dem Titel Vom bösen Flachsspinnen).

Illustration von Otto Ubbelohde zu dem Märchen Die drei Spinnerinnen von Otto Ubbelohde
Die drei Spinnerinnen. Illustration Otto Ubbelohde (Kinder- und Hausmärchen, Turm-Verlag Leipzig, 1907-09)

Inhalt

Eine Mutter hat eine Tochter, die zu ihrem großen Ärger zu faul ist zum Spinnen. Einmal gerät sie darüber so in Zorn, dass sie das faule Mädchen verprügelt. Zufällig fährt draußen gerade die Königin vorbei und hört das herzerweichende Weinen. Sie tritt ins Haus und fragt die Mutter, warum sie ihre Tochter schlägt. Der Mutter ist es zu peinlich, vor der Königin zuzugeben, dass sie eine so faule Tochter hat. Lieber schwindelt sie und behauptet, das Mädchen sei so vernarrt ins Spinnen, dass sie als arme Frau ihr gar nicht genug Flachs herbeischaffen könne.

Das gefällt der Königin, denn es gibt nichts, was sie lieber hört als das Surren der Spinnräder. Die Flachsvorräte in ihrem Schloss kann selbst die fleißigste Spinnerin nicht so schnell wegspinnen kann. Mit dem Einverständnis der Mutter nimmt sie das vermeintlich so tüchtige Mädchen mit auf ihr Schloss. Dort präsentiert sie ihr drei Kammern, die bis oben hin gefüllt sind mit Flachs. Wenn sie damit fertig sei, solle sie, ungeachtet ihrer niederen Herkunft, den ältesten Sohn der Königin heiraten. Das Mädchen ist todunglücklich, denn sie hasst das Spinnen nicht nur, sondern kann es auch gar nicht. Nach drei Tagen hat sie noch kein Stück Faden zustande gebracht. Sie entschuldigt sich damit, dass die Trennung von ihrer Mutter sie über die Maßen betrübt. Die Königin zeigt Verständnis, mahnt sie jedoch, nun endlich anzufangen.

Wieder allein, tritt das Mädchen ans Fenster. Draußen sieht sie drei verunstaltete Weiber. Eine hat einen Plattschfuß, eine andere eine riesige Unterlippe und die dritte einen breiten Daumen. Die drei bieten ihr ihre Hilfe an und verlangen dafür nicht mehr und nicht weniger, als von ihr zur Hochzeit mit dem Königssohn eingeladen zu werden. Sie solle sie ihm als ihre Basen (Tanten) vorstellen und dürfe sich ihrer nicht schämen. Das Mädchen ist einverstanden und die drei Spinnerinnen machen sich an die Arbeit. Die eine tritt mit ihrem Plattschfuß das Rad, die andere netzt mit ihrer Lippe den Faden und die dritte dreht ihn mit dem Daumen. Schnell haben sie den ganzen Flachs versponnen, und der Hochzeit steht nichts mehr im Wege.

Das Mädchen hält ihr Versprechen und bittet den Königssohn, ihre drei geliebten Basen einladen zu dürfen. Der ist einverstanden. Als die Weiber eintreten und von der Braut herzlich begrüßt werden, ist er allerdings recht irritiert über die unansehnliche Verwandtschaft. Er fragt sie, woher sie ihre Verunstaltungen haben, und bekommt Antworten, die ihn nachdenklich machen. Denn die erste hat ihren Plattschfuß vom Treten des Spinnrads, die Unterlippe der zweiten ist durch das ständige Belecken des Fadens verunstaltet und der breite Daumen der dritten vom Drehen des Fadens. Erschrocken ordnet der Königssohn an, dass seine schöne Braut fortan nie mehr ein Spinnrad anrühren soll.

Motive, ähnliche Märchen

Ein ähnliches Märchen ist in Giambattista Basiles Pentameron enthalten: Die sieben Schwarten. Dort verprügelt die Mutter die Tochter allerdings nicht, weil sie faul ist, sondern weil sie für die Suppe bestimmten Speckschwarten aufgegessen hat. Der erste Teil des Märchens von den drei Spinnerinnen erinnert auch an das bekanntere Grimm’sche Märchen von Rumpelstilzchen. Dort prahlt ein Mann aus dem Volk, wie geschickt seine Tochter beim Spinnen sei, und bringt sie dadurch in ähnliche Verlegenheit. Während dort als Helfer ein zwielichtiger Zwerg auftritt, der seine eigenen Ziele verfolgt, sind die drei verunstalteten Spinnerinnen selbstlos und verlangen als Gegenleistung nicht mehr als Respekt.

Noch deutlicher wird die Verwandtschaft mit dem Rumpelstilzchen-Märchen in der französischen Fassung Ricdin-Ricdon, wo anstelle der selbstlosen Spinnerinnen ebenfalls ein zwielichtiger männlicher Helfer auftritt. Während bei Rumpelstilzchen das Mädchen durch Prahlerei des Vaters in Bedrängnis gerät, ist es bei Ricdin-Ricdon genau wie bei den drei Spinnerinnen die Notlüge der Mutter, die sich für ihre faule Tochter schämt.

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