Der alte Sultan

Der alte Sultan ist ein Tiermärchen aus den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm (KHM 48). Der »alte Sultan« ist ein Hund, der seinem Herrn jahrelang treu gedient hat und nun zahn- und kraftlos auf dessen Barmherzigkeit angewiesen ist. (Siehe auch Tiere im Märchen: Der Hund.) Dieser erste Teil, in dem der altersbedingt unnütz gewordene Hund bei seinem Herrn in Ungnade fällt, ähnelt dem Beginn des Märchens von den Bremer Stadtmusikanten. Im weiteren Verlauf thematisiert das Märchen vom alten Sultan wie viele andere Tiermärchen den Kampf der Schwachen gegen die Starken (Kampf der Tiere, vgl. zum Beispiel Der Zaunkönig und der Bär oder auch den Kampf des Sperlings gegen den Fuhrmann in Der Hund und der Sperling), wobei eine gewisse Nähe zur Tierfabel festzustellen ist.

Illustration von Philip Grot-Johann zu dem Märchen Der alte Sultan von den Brüdern Grimm
Der alte Sultan. Illustration Philip Grot-Johann (Kinder- und Hausmärchen, Deutsche Verlags-Anstalt, 1893)

Inhalt

Ein alter Hund namens Sultan kann seinem Herrn, einem Bauern, nicht mehr von Nutzen sein — die Zähne sind ihm ausgefallen, seine Augen sind trübe und kein Einbrecher käme auf die Idee, Angst vor ihm zu haben. Eines Tages hört der Hund, wie der Bauer von seiner Frau gedrängt wird, den alten Sultan — also ihn — endlich zu erschießen. Der Bauer bringt einige Einwände vor: Sultan hätte schließlich jahrelang treu gedient und deshalb ein solches Ende nicht verdient. Die Frau jedoch meint, dass der Hund so etwas wie Treue nicht kenne und nur des Fressens wegen gedient hätte.

Traurig erzählt Sultan seinem Freund, dem Wolf, davon, ahnend, dass seine Tage gezählt sind. Doch der Wolf hat eine Idee: am nächsten Tag, wenn die Bauer mit seiner Frau Heu ernten geht, werden die beiden ihr kleines Kind mit nehmen und es in seinem Körbchen auf die Wiese legen. Er, der Wolf würde sich den Säugling schnappen, und der Hund müsse einfach nur hinterherlaufen und ihn »retten«.

Der Plan gelingt. Gerührt und beschämt nimmt der Bauer von seinem Plan Abstand, Sultan zu erschießen. Die Frau kocht ihm Brei zur Stärkung und er bekommt sogar ein schönes Federkissen, auf dem er sich ausruhen kann. Schöner könnte sein Lebensabend nicht sein. Doch dann kommt der Wolf und meint, dass der Hund nun ihm einen Gefallen schulde. Er möchte sich ein fettes Schaf des Bauern holen, und dabei soll der Hund ihm behilflich sein. Das lehnt der Hund jedoch ab, weil er niemals etwas tun würde, was dem Bauern schadet. Also bellt er seinen Herrn aus dem Schlaf, als der Wolf das Schaf holen will. Dem Wolf wird ordentlich das Fell gegerbt.

Wütend über den — aus seiner Sicht — undankbaren Hund fordert der Wolf ihn zum Kampf heraus. Er sichert sich den Beistand des Wildschweins, während der alte Sultan keinen anderen Kampfgefährten findet als eine Katze, der eine Pfote fehlt. Als der Hund mit seiner Verstärkung zum Kampfplatz geht, halten der Wolf und das Schwein den hoch aufgerichteten Schwanz der Katze für einen Säbel, und ihren hinkenden Gang erklären sie sich so, dass die Kampfkatze unentwegt Steine aufhebt. Erschrocken springt der Wolf auf einen Baum, während sich das Schwein unterm Laub versteckt. Nur ein Ohr schaut heraus. Die Katze hält das zuckende Schweineohr für eine Maus, stürzt sich darauf und beißt herzhaft zu. Das Schwein verlässt quiekend seine Tarnung und zeigt auf den Baum: dort sitze der Schuldige! Der Wolf schämt sich für seine Feigheit und nimmt das Friedensangebot des Hundes an.

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