Von der Habsucht

Von der Habsucht und ihren feinen Versuchungen ist der Titel einer Geschichte aus den Gesta Romanorum (Kapitel 60). Sie handelt vom Wettlauf der Königstochter mit ihren Freiern, ein Motiv, das in Märchen häufig vorkommt und vielfach mit anderen Motiven kombiniert wird.

Die einzige Tochter eines Königs besitzt neben ihrer Schönheit die Gabe, schneller laufen zu können als alle anderen (auch Männer). Der König lässt verkünden, dass derjenige die Prinzessin zur Frau bekommt (und nach seinem Tod das ganze Reich), der sie beim Wettlauf besiegt. Wer den Wettstreit wagt und unterliegt, bezahlt mit dem Leben. Unzählige Männer verloren ihretwegen schon den Kopf, bis ein Armer namens Abibas den Wettlauf wagt.

Er bedient sich dabei dreier Hilfsmittel, die an sich keine Zauberkraft besitzen (vergleiche dagegen zum Beispiel Das Meerhäschen), sondern kleine Schwächen des jungen Mädchens ausnutzen. Als sie ihm beim Wettlauf das erste Mal davoneilt, wirft wer einen Rosenkranz vor ihre Füße. Sie hebt ihn auf und vergisst den Kampf für eine Weile. Bald besinnt sie sich, holt ihren Herausforderer wieder ein und straft ihn mit einer Ohrfeige. Als sie ihm wieder ein Stück voraus ist, wiederholt sich das Ganze mit einem seidenen Gürtel. Beim dritten und letzten Mal ist es ein vergoldeter Apfel mit der Aufschrift

Wer mit mir spielt, wird niemals dieses Spiel satt werden.

Das Mädchen ist so entzückt von dem Spielzeug, dass der arme Abibas den Wettlauf, sie und das Königreich gewinnt.