Die Bücher der Chronika der drei Schwestern

Die Geschichte von den drei Schwestern (vollständiger Titel: Die Bücher der Chronika der drei Schwestern) ist das erste Märchen in der Sammlung von Johann Karl August Musäus (»Volksmährchen der Deutschen«). In den Kinder- und Hausmärchen Brüder Grimm war eine stark gekürzte Fassung mit dem Titel Die drei Schwestern nur in der ersten Auflage enthalten. Ein ähnliches Märchen ist Die drei Tierbrüder aus Basiles Pentameron.

Illustration von Adolf Schrödter zu dem Märchen Die Bücher der Chronika der drei Schwestern
Die Bücher der Chronika der drei Schwestern. Illustration Adolf Schrödter

Inhalt

Ein reicher Graf pflegt einen verschwenderischen Lebensstil, der ihn schließlich dazu zwingt, seine Städte eine nach der anderen zu verpfänden, seine Bediensteten zu entlassen und das Tafelsilber zu verkaufen. Am Ende bleibt ihm nur noch ein heruntergekommenes Waldschloss, wohin er sich mit seiner Gattin und seinen drei Töchtern zurückzieht. Dort gibt es alle Tage nichts anderes zu essen als Kartoffeln, da die Damen das Kochen nie gelernt haben. Missmutig greift er sich eines Tages seinen Jagdspieß, in der Hoffnung, zur Abwechslung wenigstens mal einen Hasen auf dem Tisch zu haben. Der Wald jedoch hat den Ruf, verzaubert zu sein. Noch nie sei irgendwer von dort zurückgekehrt, angeblich hausen dort böse Gnomen und wilde Tiere. Der Graf schert sich nicht um solche Märchen, kriecht immer tiefer ins Dickicht, ohne allerdings die erhoffte Beute zu machen.

Als er Rast macht und seine Wegzehrung (natürlich Kartoffeln) verspeisen will, bricht ein riesiger Bär durchs Unterholz. Die Bestie kann sprechen, doch was sie dem Grafen zu sagen hat, verheißt nichts Gutes. Zur Strafe, dass der Graf in sein Reich eingedrungen ist, müsse er ihn töten, meint der Bär. Auch die Einladung zu einer versöhnenden Kartoffelmahlzeit kann ihn nicht beschwichtigen. Das einzige, wodurch der Graf sein Leben retten könne, ist seine älteste Tochter, die der Bär zur Gemahlin begehrt. »Not kennt kein Gebot«, sagt sich der Graf und rettet sein Leben, indem er seine Tochter für einen Zentner Gold dem Bären verspricht. Die vage Hoffnung, den Bären durch Verbarrikadieren auszutricksen, missglückt, als der Bär wie verabredet erscheint, um seine Braut zu holen.

Lange weint die Mutter um ihre älteste Tochter, während der Graf wieder seiner früheren Prasserei zu frönen beginnt. Bald ist er wieder verschuldet, und die Gläubiger holen alles aus seinem Schloss, was nicht niet- und nagelfest ist. Ihm bleibt nur noch ein alter Falke, mit dem er nun täglich durchs Feld streift. Währenddessen besorgen die Gräfin und die beiden verbliebenen Schwestern den ärmlichen Haushalt.

Eines Tages fliegt der Falke in Richtung des Zauberwaldes, den der Graf seit der Begegnung mit dem Bären tunlichst meidet. Dort wird er von einem Adler angegriffen und getötet, und auch der Graf sieht erneut sein Leben bedroht. Nur indem der Graf dem Adler seine zweite Tochter verspricht, kann er sein Leben retten. Der Adler kommt nach sieben Wochen, um die Braut zu holen, die von ihrem Glück bis zu diesem Zeitpunkt nichts wusste. Dem Grafen hinterlässt er als Brautpreis zwei zentnerschwere Eier. Und wieder beginnt nach der Trauerzeit das alte, verschwenderische Leben. Nach dem erneuten Bankrott verliert der Graf auch noch seine letzte Tochter, und zwar an einen großen Fisch, in dessen Teich er unvorsichtigerweise ein paar Forellen fangen wollte. Sieben Monate nach der unheilvollen Begegnung holt ein schöner Ritter die jüngste Tochter und hinterlässt mehrere Säcke voller Perlen.

Der Graf ist nun aller finanziellen Sorgen ledig, aber auch seiner Töchter. Er führt mit seiner Gemahlin ein standesgemäßes Leben, jedoch ohne den früheren Prunk. Die Gräfin ist über den Verlust ihrer Töchter schwermütig geworden und unternimmt eine Wallfahrt zu einem frommen Eremiten. Der spendet ihr seinen Segen, und bald bringt die Gräfin trotz ihres Alters einen gesunden Jungen zur Welt, der »Rainald, das Wunderkind« genannt wird. Er erfährt von der Mutter, dass er drei ältere Schwestern hat, und auf welche Weise sie verschwunden sind.

Als er alt genug ist macht er sich auf die Suche in den Zauberwald. In einer Grotte beobachtet er eine schöne junge Frau, die zwei Bärenkinder liebkost. Er ist sich sicher, dass dies seine älteste Schwester sein muss. Er gibt sich als ihr Bruder zu erkennen, was sie zunächst nicht glaubt, da sie keinerlei Nachrichten vom Hof ihrer Eltern erhält. Doch nachdem er verschiedenes erzählt hat, wovon nur ein Familienmitglied wissen kann, schließt sie ihren Bruder glücklich in die Arme. Dann versteckt sie ihn mit etwas Proviant im Bettkasten. Ihr Mann ist für sechs Tage in der Woche ein grimmiger Bär, doch an jedem siebten Tag nimmt er menschliche Gestalt an und ist sehr liebenswürdig. An diesen Tagen führt das Paar eine glückliche Ehe. Rainald muss im Bettkasten auf den siebten Tag warten. Dann wird er dem Schwager vorgestellt, der ihn herzlich und brüderlich willkommen heißt.

Doch schon am Abend müssen sie sich wieder verabschieden, weil er am nächsten Morgen wieder ein Bär sein wird, der Rainald in Stücke reißen würde, sollte der noch in Reichweite sein. Der Schwager deutet an, dass es möglich ist, ihn von dem bösen Zauber zu erlösen, doch sei dies für den geliebten Bruder seiner Frau zu gefährlich. Zum Abschied schenkt er ihm drei Haare aus seinem Bärenfell, die ihm nötigenfalls gute Dienste leisten würden.

Rainald zieht also weiter und findet als nächstes die zweite Schwester, die Frau des Adlers. Ihr Mann ist immer sechs Wochen lang ein Adler, in der siebten Woche aber ein Mensch. Hier ergeht es ihm ähnlich wie bei der ersten Schwester, nur dass er sich sechs Wochen verstecken muss und dann eine Woche lang die Gastfreundschaft von Schwester und Schwager genießt. Von diesem Schwager bekommt er zum Abschied drei Federn, außerdem den kryptischen Hinweis, dass er, um den Zauber zu lösen einen Schlüssel finden und einen Talisman zerstören muss.

Schließlich findet er auch die jüngste Schwester, die in einem Gemach aus Glas im See wohnt. Ihr Gatte ist immer sechs Monate lang ein riesiger Fisch und dann für einen Monat ein Mensch. Hier muss sich Rainald also erst besonders lange verstecken, um dann einen ganzen Monat lang bei dem Paar zu bleiben. Zum Abschied bekommt er drei Fischschuppen nebst ein paar Andeutungen, wo der Ort ist, an dem sich Schlüssel und Talisman befinden.

Rainald rastet nicht, bis er glaubt, diesen Ort, ein in den Fels gehauenes Schloss, gefunden zu haben. Er kämpft mit einem schwarzen Stier, der ihn beinahe besiegt. Doch kurz bevor der Stier ihn töten kann, erinnert er sich der Bärenhaare von seinem Schwager. Er reibt sie ein wenig, und sofort kommt eine Bestie von Bär, den den Stier zerreißt. Aus dem Bauch des Stiers flattert eine Ente. Schnell holt Rainald die Adlerfedern und reibt sie, und bevor die Ente sich in Sicherheit bringen kann, wird die von einem heranstürmenden Adler zerfetzt. Aus dem Bauch der Ente fällt ein Ei, direkt in den darunter liegenden Teich. Rainald ahnt, was in dem Ei ist — der gesuchte Schlüssel — und holt schnell die Fischschuppen hervor. Er reibt sie, und an der Oberfläche des Teichs erscheint ein großer Fisch, der das Ei ans Ufer spuckt. Rainald zerschlägt das Ei und findet wie erhofft den Schlüssel.

Mit dem Schlüssel öffnet er das Portal des Schlosses, das anscheinend vollkommen menschenleer ist. Im hintersten Winkel findet er in einer kleinen Kammer eine schlafende Jungfrau und ihr gegenüber eine Tafel aus Alabaster, in der kryptische Zeichen eingeritzt sind. Rainald ist sich sicher, dass dies der Tailsman ist, welchen er zerstören muss. Also greift er die Tafel und schmettert sie auf den Boden. Damit ist der Zauber gebrochen. Die schöne Jungfrau erwacht und erzählt ihm ihre Geschichte. Sie und ihre Brüder, der Bär, der Adler und der Fisch, wurden von dem bösen Zauberer Zornebock gestraft, weil sie sich weigerte, ihn zu heiraten. Sie muss immer sieben Jahre schlafen, dann kommt Zornebock und fragt, ob sie ihre Meinung geändert hat. So sind mittlerweile einundzwanzig Jahre vergangen. Nun, da der Zauber gebrochen ist, kehren alle an den Hof von Rainalds Eltern zurück.

Die drei Schwestern sind in der langen Zeit zum Glück nur um drei Jahre gealtert, weil die Zeit, in der ihre Gatten verwandelt waren, für sie stillstand. Nachdem alle eine glückliche Zeit miteinander verbracht haben, zieht die älteste Schwester mit ihrem Gatten nach Bernburg, einer mitteldeutschen Stadt, die einen Bären im Wappen hat. Die mittlere Schwester zieht mit ihrem Mann nach Aarburg in der Schweiz, das einen Adler im Wappen hat. Die jüngste Schwester geht mit ihrem Mann in die Provinz Dauphiné in Frankreich, die einen Delphin im Wappen hat. Rainald bleibt am Hof seiner Eltern und heiratet die Schwester seiner drei Schwäger.

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