Verdeprato

Verdeprato ist ein Märchen aus dem Pentameron von Giambattista Basile (zweite Erzählung des zweiten Tages). Worauf sich der Titel (verde – grün, prato -Wiese) bezieht, ist nicht offensichtlich. Das Märchen gehört zu einem Typ, der vor allem in einer französischen Fassung – Der blaue Vogel von Marie-Catherine d’Aulnoy – auch im deutschsprachigen Raum recht bekannt ist. Das zentrale Motiv des Märchentyps, der Liebhaber, der die Gestalt eines Vogels annimmt, um heimlich seine Geliebte zu besuchen, ist in Basiles Märchen allerdings nur in einer blumigen Floskel angedeutet (siehe Inhaltsangabe). Dafür wird Basile in Verdeprato umso deutlicher bei dem, was d’Aulnoy hinter Metaphern verbirgt: nackt eilt der Liebhaber durch einen Geheimgang zu seiner Schönen, um mit ihr die Liebe zu genießen. Das Märchen ist ganz auf das Thema der durch Neiderinnen bedrohten Liebe konzentriert; dementsprechend knapp, fast etwas hastig wirkend, fällt der zweite Teil aus, in dem die Frau den lebensbedrohlich verletzten Geliebten rettet.

Illustration von Warwick Goble zum Märchen Verdeprato aus dem Pentamerone von Giambattista Basile
Verdeprato. Illustration Warwick Goble (Stories from the Pentamerone, Macmillan, 1911)

Inhalt

Eine Frau hat drei Töchter, von denen zwei vom Unglück verfolgt sind. Die dritte aber, Nella, hat in allen Belangen das Glück auf ihrer Seite. Alles, was sie anfängt, gelingt ihr, kein Wunsch bleibt ihr verwehrt, und besonders Amor und Venus haben sie überreich bedacht. Solchermaßen vom Glück verwöhnt, strahlt Nellas Heiterkeit nach außen, sodass sie bei allen äußerst beliebt ist – außer bei ihren beiden Schwestern.

Ein zauberkundiger Prinz verliebt sich in das reizende Mädchen, das seinem Werben schließlich nachgibt. Er gibt ihr ein Zauberpulver, von dem sie eine Prise ins Feuer werfen muss, damit er durch einen unterirdischen Kristallgang direkt aus seinem Palast »ganz nackt« in ihr Schlafgemach geeilt kommt.

»Jedesmal, wenn du mich wie einen Sperling mit deiner holdseligen Schönheit atzen willst, wirf etwas von diesem Pulver ins Feuer, …«

Die beiden genießen ihre heimliche Liebschaft, bis irgendwann Nellas Schwestern dahinterkommen. Sie zerstören den Kristallgang, sodass sich der Prinz, als er das nächste Mal durch diesen zu seiner Geliebten eilt, schwerste Schnittwunden zuzieht. Es gelingt ihm noch, umzukehren und immerhin lebendig zum Palast seines Vaters zurückzukehren. Doch seine Verletzungen sind so schlimm, dass kaum noch Hoffnung auf Heilung besteht. In größter Verzweiflung lässt der König verkünden, dass denjenigen bzw. diejenige, der/die seinen Sohn zu heilen vermag, eine hohe Belohnung erwartet. Sollte es ein Mann sein, bekommt er das halbe Königreich, eine Frau darf sich freuen, den Prinzen heiraten zu dürfen.

Als Nella dies hört, macht sie sich auf den Weg – nicht weil sie glaubt, den Geliebten heilen zu können, sondern einfach, um ihn ein letztes Mal zu sehen. Auch ahnt sich nicht, wie er sich seine Wunden zugezogen hat und was sie damit zu tun hat. Unterwegs wird sie von der Dunkelheit überrascht. Weil in der Gegend angeblich Menschenfresser hausen, klettert sie sicherheitshalber auf einen Baum, um dort die Nacht zu verbringen. Von dort belauscht sie das Gespräch eines Orcos (Menschenfresser) mit seiner Frau.

Der Orco klagt, wie übel es in der Welt der Menschen zuginge. Nun habe es sogar den Sohn des Königs erwischt, als dieser durch einen Geheimgang zu seiner Geliebten gelaufen sei. Die Schwestern des hübschen Mädchens hätten ihn buchstäblich ins Messer laufen lassen, und würde er ganz sicher sterben. Es sei denn – aber das ist natürlich unmöglich – jemand würde seine Wunden mit Orco-Fett bestreichen. Nella zögert keinen Moment, das Nötige zu tun, um ihren Liebsten zu retten. Sie bittet an der Hütte des Menschenfresserpaares um ein Almosen, was ihr die Frau gewähren will. Doch der Orco selbst ist gierig nach Menschenfleisch, deshalb bietet er dem Mädchen ein Nachtlager, um es später aufzufressen.

Nella ist jedoch auf der Hut und kommt dem Unhold zuvor; kaum ist dieser eingeschlafen, schnappt sie sich ein Messer und schlachtet sowohl ihn als auch seine Frau. Das Fett der beiden füllt sie in einen Topf und begibt sich damit zum Hof des Königs. Tatsächlich wirkt das Fett wie beschrieben. Der König verkündet ihr, dass sie die Ehre habe, die Frau seines Sohnes zu werden. Der Prinz jedoch, noch leicht benommen, erkennt sie nicht, zumal sie sich das Gesicht mit Ruß geschwärzt hat. Er sagt, er könne seine Retterin nicht heiraten, da sein Herz schon einer anderen gehöre. Nella stellt seine Treue auf die Prüfung, indem sie ihm rät, seine Geliebte zu vergessen, da er schließlich ihretwegen so viel Unglück erfahren habe. Doch der Prinz steht fest zu seiner Liebe, sodass sich Nella schließlich zu erkennen gibt. Die beiden heiraten, und die Schwestern werden bestraft.

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