Herr und Diener

Das Märchen Herr und Diener ist enthalten in Thomas Crofton Crokers Sammlung Irische Elfenmärchen (Fairy Legends and Traditions of the South of Ireland, 1825), die von den Brüdern Grimm übersetzt wurde(Veröffentlichung 1826).

Einordnung

Das Märchen Herr und Diener ist ein Beispiel für Volkserzählungen vom Cluricaun (auch Leprechaun), einem griesgrämigen alten Zwerg, der im Unterschied zu den geselligen, Musik und Tanz liebenden Elfen stets allein auftritt. Er wird beschrieben als verschrumpeltes, kleines Männlein in altmodischer Tracht und großen silbernen Schnallen an den Schuhen, das gerne raucht und trinkt, nicht zu Schabernack aufgelegt ist, sondern am liebsten in Ruhe gelassen will. Der Cluricaun weiß, wo Schätze vergraben sind, neigt aber nicht dazu, diese einem Menschen zu zeigen, außer wenn er in Bedrängnis gerät.

Inhalt

William Mac Daniel ist ein junger Bursche, der das Leben leicht nimmt. Eigentlich interessiert ihn nicht viel mehr als die nächste Tanzgesellschaft und das nächste Glas Wein. Als er in einer Winternacht bei Vollmond auf dem Heimweg ist, sagt er zu sich selbst, wie schön es wäre, jetzt ein gutes Glas Wein zu haben. Da taucht ein seltsam gekleidetes kleines Männlein (ein Cluricaun) auf, das ihm das Gewünschte anbietet. Mac Daniel nimmt den Wein, glaubt aber, ums Bezahlen herum zu kommen. Doch der Kleine fordert seine Bezahlung: Mac Daniel solle ihm sieben Jahre dienen, dann würde er reichen Lohn bekommen. Und ohne recht zu wissen warum, kann der junge Mann nicht anders, als dieser Forderung zu folgen.

Nacht für Nacht muss Mac Daniel nun für sich und seinen Herrn die Pferde satteln. Und zwar auf höchst seltsame Art: Er muss am Moor zwei dicke Binsen brechen, die zu Pferden werden, sobald er und der Zwerg aufsitzen und ein Zauberwort sagen. Auf ihren Pferden reiten sie dann zu einem Weinkeller. Mithilfe eines zweiten Zauberworts schlüpfen sie durchs Schlüsselloch und trinken beide, was das Zeug hält. Bald gibt es in ganz Irland keinen Weinkeller mehr, der noch nicht von ihnen heimgesucht worden wäre. Mac Daniel gefällt dieses Leben nicht schlecht.

Eines Abends soll Mac Daniel drei statt zwei Binsen brechen, weil sie vielleicht in Gesellschaft zurück reiten würden. Der Zwerg eröffnet seinem Diener, dass er demnächst tausend Jahre alt wird. Es sei nun also Zeit, ans Heiraten zu denken. Seine Auserkorene hat allerdings schon einen anderen Bräutigam. Also reiten sie denn zur Hochzeit des jungen Mädchens, das der Zwerg zu seiner eigenen Frau machen möchte.

Als das Hochzeitsmahl beginnen soll, muss die Braut niesen, doch keiner spricht aus diesem Anlass: Gott segne uns! Der Zwerg frohlockt, denn wenn sie dreimal niest und der Segenswunsch ausbleibt, dann ist die Braut sein. Sie niest ein zweites Mal, sie niest ein drittes Mal, ohne dass einer der Hochzeitsgäste reagiert — da kündigt Mac Daniel dem Zwerg die Gefolgschaft und verzichtet somit auf seinen Lohn. Er, der bis dahin versteckt war, spricht laut und vernehmlich den Segenswunsch. Damit rettet er die junge, strahlende Braut vor der Ehe mit dem greisenhaften Zwerg.

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